+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T möchte bei O stehlen. Er weiß nicht, wo dessen Wertsachen liegen und muss diese in der Wohnung bei O suchen. Er fährt zu O und tritt dessen Türe ein, um mit der Suche zu beginnen. Allerdings vertreibt ihn direkt der Nachbar von O.
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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Versuch eines Wohnungseinbruchsdiebstahls (§§ 242 Abs. 1, 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) ist strafbar.
Genau, so ist das!
Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB).
Diebstahl ist ein Vergehen und daher nur im Versuch strafbar, da die Strafbarkeit ausdrücklich bestimmt ist (§§ 12 Abs. 2, 242 Abs. 2 StGB). Auch der Wohnungseinbruchsdiebstahl ist ein Vergehen und nur aufgrund von § 244 Abs. 2 StGB strafbar.
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2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich eines Wohnungseinbruchsdiebstahls.
Ja, in der Tat!
Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt.
T ist fest entschlossen einen Wohnungseinbruchsdiebstahl zu begehen.
3. T hat durch das Eintreten der Türe „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“ in Bezug auf den Diebstahl.
Nein!
Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen.
Durch das Eintreten der Türe hat T nicht unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung bezüglich § 242 Abs. 1 StGB angesetzt. Die Tatbestandsverwirklichung des Diebstahls ist die Wegnahme, wobei wesentliche Zwischenschritte hier das Durchsuchen der Wohnung und das Finden von Wertgegenständen sind. Erst wenn T etwas findet und es wegnehmen möchte, setzt er unmittelbar an.
4. Das Ergebnis ändert sich dadurch, dass T gleichzeitig Tatentschluss bezüglich eines Wohnungseinbruchsdiebstahls hat.
Nein, das ist nicht der Fall!
Durch den erweiterten Tatentschluss darf die Versuchsstrafbarkeit nicht in das Vorbereitungsstadium vorverlegt werden. Das vorliegende Unrecht, nämlich das Betreten einer fremden Wohnung und das Eintreten der Türe, kann vollständig durch § 123 StGB und § 303 StGB abgebildet werden. Zu einem anderen Ergebnis würde man hier kommen, wenn T die Wohnung nicht erst durchsuchen müsste und nach dem Eintreten direkt den gewollten Gegenstand wegnehmen wollen würde. Dann wäre das Eintreten der Türe das Überschreiten der Schwelle zum „Jetzt-geht-es-los“.
5. T hat jedoch durch das Eintreten der Türe „unmittelbar angesetzt“ zu einem Wohnungseinbruchsdiebstahl.
Nein, das trifft nicht zu!
Einen Versuch des Grunddelikts zu verneinen, aber einen Versuch der Qualifikation zu bejahen, stellt einen systematischen Fehler dar. Teil der Qualifikation ist immer auch das Grunddelikt und der Täter muss zur Verwirklichung aller objektiven Tatbestandsmerkmale angesetzt haben. Auch stellt der Tatbestand eines Qualifikationstatbestandes ohne das Grunddelikt kein Unrecht dar. Die Qualifikation ist einzig eine Unrechtssteigerung gegenüber dem Grunddelikt.
Zu bestrafendes Unrecht ist hier nicht der Wohnungseinbruchsdiebstahl, sondern einzig § 123 StGB und § 303 StGB.
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