Sitzblockaden: noch friedlich

5. November 2024

4,8(12.167 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Mitglieder der Aktionsgruppe A ketten sich an das Haupttor einer Wiederaufbereitungsanlage, um gegen Atomkraft zu protestieren. Fahrzeuge können das Haupttor nicht mehr passieren. Nach der Durchtrennung der Ketten durch die Polizei lassen sich die Teilnehmer widerstandslos abführen.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Sitzblockaden: noch friedlich

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Schutzbereich des Versammlungsrechts ist beschränkt auf friedliche Versammlungen ohne Waffen.

Ja!

Art. 8 Abs. 1 GG gewährt das Recht, "sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln". Dadurch ist der Schutzbereich beschränkt. Der Begriff "friedlich" ist im GG nicht definiert. Rechtsprechung und Literatur legen den Begriff in Anlehnung an §§ 5 Nr. 3, 13 Abs. 1 Nr. 2 VersG aus. Eine Versammlung ist danach unfriedlich, wenn ein "gewalttätiger oder aufrührerischer Verlauf" angestrebt ist oder eintritt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Das Anketten an das Haupttor der Anlage ist unfriedlich.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach der Rechtsprechung setzt ein "gewalttätiger oder aufrührerischer Verlauf" voraus, dass Handlungen von einiger Gefährlichkeit wie etwa aggressive Ausschreitungen gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden. Das Anketten selbst erfüllt nicht die Anforderungen der Unfriedlichkeit, denn darin liegen keine Handlungen von einiger Gefährlichkeit, auch keine aggressiven Ausschreitungen gegen Sachen (hier etwa das Haupttor).

3. Die Blockade des Haupttors mit der Folge, dass Fahrzeuge das Haupttor nicht mehr passieren können, ist unfriedlich.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Unfriedlichkeit wird in der Verfassung auf einer gleichen Stufe wie das Mitführen von Waffen behandelt. Unfriedlich ist eine Versammlung daher erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit, insbesondere Gewalttätigkeiten stattfinden. Unfriedlich ist eine Versammlung demgegenüber nicht schon, wenn es zu Behinderungen Dritter kommt, seien diese auch gewollt und nicht nur in Kauf genommen. Nicht maßgeblich ist der strafrechtliche Gewaltbegriff; ob das streitgegenständliche Verhalten eine Nötigung (§ 240 StGB) darstellt, ist unerheblich. Für die Begrenzung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG ist allein der verfassungsrechtliche Begriff der Unfriedlichkeit maßgebend.
Dein digitaler Tutor für Jura

7 Tage kostenlos* ausprobieren

* Nach dem Probeabo ab 7,99€ /Monat (weitere Infos). Ich akzeptiere die AGB und habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.

Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ri

ri

17.7.2021, 18:04:26

Wichtig zu merken! Natürlich ploppt gedanklich sofort die Rechtsprechung zum Gewaltbegriff auf beim Anketten, aber die bezog sich ja direkt auf die Auslegung von 240 StGB.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura

7 Tage kostenlos* ausprobieren

* Nach dem Probeabo ab 7,99€ /Monat (weitere Infos). Ich akzeptiere die AGB und habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.