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Klassisches Klausurproblem

Stadtbahnfahrerin F ist im Stadtbahnbetrieb des S beschäftigt. Am 14./15.7. streiken die dort beschäftigten Elektrizitätsarbeiter und die Straßenbahnen können nicht fahren. S teilt der F daraufhin mit, dass sie für diese beiden Tage keinen Lohn erhalte.

Einordnung des Falls

§ 615 S.3 BGB - Arbeitskampfrisiko

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Lohnanspruch besteht grundsätzlich fort, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung aufgrund von Störungen im Betriebsbereich nicht annehmen kann (§ 615 S.3 BGB).

Ja!

Der Arbeitgeber, der den Betrieb leitet und dem insbesondere auch der Gewinn zusteht, muss im Gegenzug das Risiko einer Betriebsstörung tragen. Nach der Lehre vom Betriebsrisiko trägt der Arbeitgeber dieses Risiko bei allen Störungen, die dem betrieblichen Bereich und damit seiner Risikosphäre zuzuordnen sind (§§ 615 S.3 iVm. 615 S.1, 2 BGB). Ist dies der Fall, entfällt der Vergütungsanspruch trotz fehlender Arbeitsleistung nicht nach § 326 Abs.1 S.1 BGB, sondern besteht nach §§ 611a Abs.2, 615 S.3 iVm. 615 S.1, 2 BGB fort.

2. Die Lehre vom Betriebsrisiko gilt auch, wenn die Betriebsstörung auf einer Arbeitskampfmaßnahme beruht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Von der Lehre vom Betriebsrisiko ist eine Ausnahme zu machen, wenn die Betriebsstörung auf einer Arbeitskampfmaßnahme (wie Streik) beruht. Das Risiko der Betriebsstörung ist gerecht aufzuteilen. Es wäre daher unbillig vom Arbeitgeber weiterhin die volle Lohnzahlung an alle Arbeitnehmer zu verlangen, obwohl die Störungen des Arbeitsablaufs auf Arbeitskampfmaßnahmen der Arbeitnehmerseite zurückzuführen sind. Dieses Arbeitskampfrisiko müssen die Arbeitnehmer selbst tragen.

3. Arbeitnehmer müssen nach heute hM alle Risiken tragen, die aus ihrer eigenen Risikosphäre stammen.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach der früher vertretenen Sphärentheorie sollten alle Arbeitnehmer alle Risiken tragen, die aus ihrer eigenen Risikosphäre stammen. Dies führt allerdings zu einem grob unbilligen Ergebnis. Denn es ist nicht möglich, eine allgemeinen Solidaritätsgedanken zwischen allen Arbeitnehmern und eine einheitliche Risikosphäre der Arbeitnehmerschaft zu begründen. Zudem müssten ansonsten auch dann alle Arbeitnehmer auf ihren Lohn verzichten, wenn nur ein einzelner Arbeitnehmer die Betriebsstörung hervorgerufen hat. Ein solches Fehlverhalten einzelner Arbeitnehmer fällt allerdings vielmehr noch in den betrieblichen Risikobereich des Arbeitgebers. Aus diesen Gründen wird die Sphärentheorie heute nicht mehr vertreten.

4. Behält F ihren Lohnanspruch nach der heute herrschenden Lehre vom Arbeitskampfrisiko, da sie selbst nicht zur streikenden Arbeitnehmerschaft gehört?

Nein!

Nach der heute vertretenen Lehre vom Arbeitskampfrisiko muss zwischen den Parteien des Arbeitskampfes ein Verhandlungs- und Kampfgleichgewicht gewahrt bleiben. Die materielle Arbeitskampfparität erfordert, dass auch die arbeitswilligen Arbeitnehmer des bestreikten Betriebs das Arbeitskampfrisiko tragen. Denn ansonsten könnte durch gezieltes Bestreiken ausgewählter Betriebsteile der gesamte Betrieb lahmgelegt werden, wobei der Arbeitgeber trotzdem an die meisten seiner Arbeitnehmer weiter den Lohn zahlen müsste. Dies würde zu einer ungerechtfertigte Verschiebung des Kräftegleichgewichts führen. Auch die arbeitswillige F muss Arbeitskampfrisiko tragen und verliert somit ihren Lohnanspruch. Es ist unerheblich, ob es für Arbeitgeber trotz Streiks zumutbar gewesen wäre, den Arbeitsbetrieb aufrechtzuerhalten, da er auf einen Streik stets flexibel reagieren können muss und keine Pflicht zur aktiven Abwehr von Arbeitskampfmaßnahmen hat.

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