Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) I

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 StGB) zu einer Geldstrafe verurteilt. Laut Urteil sei die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) entbehrlich. Dies wird nicht weiter begründet. A überlegt, in Revision zu gehen.

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Einordnung des Falls

Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) I

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. § 69 StGB regelt die Entziehung der Fahrerlaubnis als Rechtsfolge einer Straftat.

Ja!

Die Maßregel (§ 61 StGB) der Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) kommt als Rechtsfolge im Urteil in Betracht, wenn: (1) der Angeklagte wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt oder nur wegen Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) nicht verurteilt wird, (2) er die Tat bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat und (3) sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Zusammen mit der Entziehung der Fahrerlaubnis ordnet das Gericht eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis an (§ 69a Abs. 1 S. 1 StGB). Nicht zu verwechseln ist dies mit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO) oder der Anordnung eines Fahrverbots (§ 44 StGB).
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2. Im vorliegenden Fall kam eine Entziehung der Fahrerlaubnis des A in Betracht (§ 69 StGB).

Genau, so ist das!

Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist zwingend anzuordnen, wenn die Voraussetzungen des § 69 StGB vorliegen (Wortlaut: „entzieht“). A wurde wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 StGB), also einer Straftat (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB) verurteilt. Er beging die Tat gerade durch das Führen des KFZ und unter Verletzung seiner Pflichten als KFZ-Führer. Die Bewertung, ob A sich durch die Tat als ungeeignet zum Führen von KFZ erwiesen hat, liegt im Beurteilungsspielraum des Tatgerichts. Die vorsätzliche Trunkenheitsfahrt stellt eine Katalogtat des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB dar. In diesem Fall wird der Angeklagte regelmäßig als ungeeignet anzusehen sein. Dass die Fahrerlaubnis zu entziehen war, lag hier also nahe.

3. Ist das Urteil bereits deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Gericht die unterlassene Entziehung der Fahrerlaubnis nicht begründet hat.

Ja, in der Tat!

Unterbleibt die Fahrerlaubnisentziehung, obwohl sie nach der Art der Straftat in Betracht kam, müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb sie nicht angeordnet wurde (§ 267 Abs. 6 S. 2 StPO). Darüber hinaus ergibt sich eine sachlichrechtliche Begründungspflicht, wenn die Entziehung nicht vorgenommen wird, obwohl sich die Anordnung aufdrängt. Denn Fahrerlaubnisentziehung ist zwingend anzuordnen wenn die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 StGB vorliegen. Das Urteil begründet nicht näher, warum die Fahrerlaubnisentziehung unterblieben ist, obwohl die Trunkenheitsfahrt (§ 316 Abs. 1 StGB) zum Katalog des § 69 Abs. 2 StGB gehört und damit regelmäßig eine Entziehung anzuordnen ist. Das Tatgericht hätte hier erörtern müssen, warum es von der Entziehung absah. Das Urteil enthält also einen Darstellungsfehler.

4. A kann seine Revision darauf stützen, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht angeordnet wurde.

Nein!

A kann sich in der Revision nur auf solche Gesetzesverletzungen stützen, durch die er beschwert ist, die also einen für ihn nachteiligen Urteilsspruch nach sich ziehen. Dass das Gericht die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht anordnete, ist für A aber vorteilhaftEr kann seine Revision hierauf also nicht stützen. Die Staatsanwaltschaft könnte das Urteil hingegen angreifen. Umgekehrt ergibt sich eine Begründungspflicht auch, wenn eine Entziehung angeordnet wird, obwohl keine Katalogtat des § 69 Abs. 2 StGB vorliegt und das Gericht den Angeklagten dennoch für ungeeignet erachtet, ein KFZ zu führen. Auf die unterblieben Begründung kann sich A dann natürlich berufen.

5. A hat Angst, dass ihm doch noch die Fahrerlaubnis entzogen wird, wenn er das Urteil angreift. Ist diese Sorge berechtigt und ihm deshalb von der Revision abzuraten?

Nein, das ist nicht der Fall!

Soweit nicht die Staatsanwaltschaft zu seinen Lasten Revision einlegt, muss A die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht befürchten. Auch für die Maßregeln der Besserung und Sicherung - mit Ausnahme der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt - gilt das Verschlechterungsverbot (§§ 331, 358 Abs. 2 StPO). Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden. Zu den Rechtsfolgen gehört auch die Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis. Dieser Aspekt wäre im Rahmen der Zweckmäßigkeit zu erörtern, sofern - wie regelmäßig - die Aufgabe eine Begutachtung aus Anwaltssicht ist.
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