Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Erledigung

Entscheidungsgründe - einseitige Teilerledigungserklärung

Schema: Entscheidungsgründe - einseitige Teilerledigungserklärung

22. November 2024

4,9(24.704 mal geöffnet in Jurafuchs)


Wie sind die Entscheidungsgründe bei einseitiger Teilerledigungserklärung aufzubauen?

  1. Zulässigkeit der Klage

    1. Zulässigkeit der (restlichen) Leistungsklage

      Hier ist insbesondere auf die Zuständigkeit des Gerichts einzugehen. Ein Absinken des Streitwerts unter €5.000 infolge der einseitigen Teilerledigungserklärung ist nach § 261 Abs.3 Nr.2 ZPO ohne Bedeutung (perpetuatio fori).

    2. Zulässigkeit der Feststellungsklage (Erledigungsantrag)

      1. Ausführungen zur Zulässigkeit der Klageänderung

        Die einseitige Erledigungserklärung des Klägers ist ein Sachantrag auf die Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Der Kläger begehrt mithin Feststellung, dass die ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein nachträgliches, erledigendes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Dieser Übergang vom ursprünglichen Leistungsantrag zur Erledigungserklärung (Feststellungsantrag) ist nach hM eine nach § 264 Nr.2 ZPO privilegierte, zumindest aber eine nach § 263 ZPO sachdienliche Klageänderung unter Einschränkung des Klageziels und damit zulässig.

      2. Zuständigkeit des Gerichts, § 261 Abs.3 Nr.2 ZPO

      3. Feststellungsinteresse, § 256 ZPO

        Neben den sonstigen allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen muss insbesondere ein Feststellungsinteresse (§ 256 Abs.1 ZPO) vorliegen. Ein solches folgt regelmäßig aus dem Kosteninteresse des Klägers, der eine abschließende Entscheidung über die gesamten Kosten des Rechtsstreits haben will, um so die Kostentragung zu vermeiden.

      4. Ursprünglich zulässige Klage

      5. Ursprünglich begründete Klage

      6. Erledigendes Ereignis nach Rechtshängigkeit

      7. Dadurch nun Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der Klage

  2. Objektive Klagehäufung, § 260 ZPO

    Denk daran, dass die nachträgliche objektive Klagehäufung als Klageänderung zu behandeln ist. Auch hierfür müssen also die Voraussetzungen des § 263 ZPO (Einwilligung bzw. Sachdienlichkeit) vorliegen. Regelmäßig ist allerdings jedenfalls die Sachdienlichkeit zu bejahen.

  3. Begründetheit der Klage

    1. Begründetheit der (restlichen) Leistungsklage

    2. Begründetheit der Feststellungsklage (Erledigungsantrag)

      1. Ursprünglich zulässige Klage

      2. Ursprünglich begründete Klage

      3. Erledigendes Ereignis nach Rechtshängigkeit

      4. Dadurch nun Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der Klage

  4. Kostenentscheidung

    Die Kostenentscheidung muss wie gewohnt einheitlich ergehen (Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung), §§ 91, 92 ZPO.

  5. Vorläufige Vollstreckbarkeit

    Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich wie üblich nach den §§ 708 ff. ZPO.

Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jack Lawson

Jack Lawson

20.4.2023, 11:33:15

Bei 1) verstehe ich nicht, wie das Problem einer Streitwertsenkung in diesem Fall überhaupt entstehen kann. Wenn ich 8.500€ einklage, mir nach Klagezustellung 4.000€ gezahlt werden und ich diesen Teil dann einseitig als erledigt erkläre, dann Falle ich nach Umstellung eines Teils der Klage in eine

Feststellungsklage

zwar hierfür auf einen Streitwert von 4.000€, aber mit dem Rest der Klage (Streitwert 4.500€) bleibe ich ja trotzdem bei den 8.500€ Gesamtstreitwert, vgl. § 5 ZPO. Die Verfahren werden ja nicht getrennt. Und falls doch eine Streitwertsenkung vorstellbar wäre, könnte man dann nicht präziser mit dem § 4 Abs. 1 ZPO argumentieren?

SE.

se.si.sc

20.4.2023, 14:17:14

Die Frage des Streitwerts bei Erledigungserklärungen ist in der Rspr seit Jahren umstritten. Prinzipiell kann man hier vieles vertreten, auch deine Variante, die so auch von einigen Instanzgerichten geteilt wird. Der BGH und zunehmend auch die obergerichtliche Rechtsprechung sagt aber, dass sich das Interesse des erledigten Teils nicht auf die Höhe der Erledigung beläuft (hier 4.000 €), sondern allein auf das Kosteninteresse (von 4.000 €, müsste man mal ausrechnen, wie viel das ist). Das ergibt mE Sinn, denn die Klage hat sich in der Hauptsache nun mal erledigt, das Geld ist bezahlt. Der Kläger will nur nicht auf den bisherigen Kosten sitzen bleiben und streitet mit dem Beklagten hinsichtlich des erledigten Teils noch allein darüber. Bei Interesse an den Details: Blick in einen beliebigen ZPO-Kommentar, meist findet man dazu bei § 3 ZPO was unter dem Stichwort Erledigung(serklärung), zB Thomas/Putzo, § 3 Rn 62, der auf § 91a Rn 57 ff verweist.

Jonas91

Jonas91

8.6.2023, 23:02:40

Danke für das Schema, finde ich sehr gut. Eine (wahrscheinlich nervige) Nachfrage dazu: im Kaiserskript (Rn 426) machen sie in der Musterformulierung zur einseitigen

Teilerledigungserklärung

, wenn sie in der objektiven KHäufung sind - nachdem sie weiter oben 264 Nr.2 ZPO abgefrühstückt haben und den auch bejaht haben- nochmal den Turn zu 263 Alt 2 ZPO („Die in der Antragsänderung liegende nachträgliche, objektive kumulative Klagenhäufung gem 260 ZPO ist ebenfalls ohne die Zustimmung des Beklagten zulässig. Aus 261 II ZPO folgt die grundsätzliche Zulässigkeit der nachträglichen Klagehäufung. Die darin liegende

Klageänderung

ist gem 263 Alt 2 ZPO sachdienlich, denn (…)“). Ist das überflüssig oder muss man das sogar machen (und verstehe ich das richtig, dass Kaiser hier offenbar zwei „Felder“ einer

Klageänderung

sehen , also (1) bzgl eines Teils von Leistung auf „nur“ noch Feststellung -> qualitative Beschränkung, 264 Nr. 2, und (2)

nachträgliche Objektive Klagehäufung

, da nunmehr Leistungsantrag+ Feststellungsantrag, diese „zweite“

Klageänderung

dann wegen

Sachdienlichkeit

nach 263 Alt.2 ZPO zulässig )? Bin da leider etwas verwirrt.. Vielen Dank auf jeden Fall für die tolle App 😊

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

9.6.2023, 10:30:40

Klasse Nachfrage, Jonas! In der Tat wird die

NACHTRÄGLICHE objektive Klagehäufung

wie eine

Klageänderung

behandelt (Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 260 RdNr. 3). Entsprechend müssen hierfür ebenfalls die Voraussetzungen des § 263 ZPO vorliegen. Wir haben nun noch einen entsprechenden Hinweis ergänzt. Die Entscheidung des BGH auf der diese Gleichsetzung beruht (BGH, 10.01.1985 - III ZR 93/83), findest Du unter folgendem Link: https://www.prinz.law/urteile/bgh/III_ZR__93-83https://www.prinz.law/urteile/bgh/III_ZR__93-83 Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

frausummer

frausummer

2.8.2023, 14:29:34

Weshalb spielt hier in der vorläufigen Vollstreckbarkeit § 794 Nr. 3 ZPO keine Rolle?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

2.8.2023, 15:43:55

Hallo frausummer, § 794Abs. 1 Nr. 3 ZPO findet nur bei Entscheidungen Anwendung, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet. Dies ist zB gegen den Beschluss bei übereinstimmender Erledigungserklärung der Fall, gegen den die sofortige Beschwerde statthaft ist (§ 91a Abs. 2 S. 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Bei einseitiger (Teil-) Erledigungserklärung ergeht dagegen ein Urteil und kein Beschluss. Damit dieses vollstreckbar ist, muss es entweder rechtskräftig sein oder für vorläufig vollstreckbar erklärt werden (§ 704 ZPO). Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich entsprechend nach den §§ 708 ff. ZPO. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

LM

lmhvw

4.4.2024, 14:38:24

Müsste bei diesem Schema nicht auch an erster Stelle „I. Gesamtergebnis“ wie bei anderen Übersichten über den Aufbau der Entscheidungsgründe oder gibt es einen Grund warum es hier fehlt? Bei der Einseitigen Erledigungserklärung ist es aufgeführt zbsp.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen