Vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 708, 711 ZPO

12. April 2025

8 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K verklagt B auf Zahlung von €900,00. Die Klage ist begründet.

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Einordnung des Falls

Vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 708, 711 ZPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 S. 2 ZPO.

Nein!

Bei der Prüfung der Normen der vorläufigen Vollstreckbarkeit ist – zumindest gedanklich – zuerst der Ausnahmetatbestand § 708 ZPO zu prüfen. Liegt nämlich ein Fall der Nr. 1-3 vor, ist das Urteil für vorläufig vollstreckbar (ohne Sicherheitsleistung) zu erklären. Liegt hingegen ein Fall der Nr. 4-11 vor, sind immer auch § 711 und § 713 ZPO zu beachten. Vorliegend übersteigt der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache nicht € 1.250,00, weswegen § 708 Nr. 11 Alt. 1 ZPO einschlägig ist.
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2. Der Tenor bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit lautet: „Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar“.

Nein, das ist nicht der Fall!

Vorliegend übersteigt der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache nicht € 1.250,00, weswegen § 708 Nr. 11 Alt. 1 ZPO einschlägig ist. Jedoch sind immer auch § 711 und § 713 ZPO zu beachten. § 711 ZPO räumt dem Vollstreckungsschuldner zu dessen Gunsten eine Abwendungsbefugnis ein. Zu einer solchen Abwendungsbefugnis kommt es nicht, wenn die Voraussetzungen des § 713 ZPO gegeben sind. Da der Wert des Beschwerdegegenstandes vorliegend € 600,00 übersteigt und damit eine Berufung zulässig wäre, ist § 713 ZPO allerdings nicht einschlägig. Zugunsten der B ist eine Abwendungsbefugnis vorzusehen.

3. Für die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit sind vorliegend die §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO einschlägig.

Ja, in der Tat!

Der Tenor bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit lautet: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AN

Anne

4.7.2023, 08:09:36

Gehört da nicht noch der 713 dazu? 🤔

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.7.2023, 11:47:20

Hallo Anne, §

713 ZPO

brauchst Du nur dazuzitieren, wenn dessen Voraussetzungen tatsächlich einschlägig sind. Da hier die Berufung statthaft ist, ist dies nicht der Fall und Du brauchst §

713 ZPO

nicht erwähnen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Blackpanther

Blackpanther

16.10.2024, 14:33:23

Es es müsste Sicherheitsleistung „ODER HINTERLEGUNG“ heißen.

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

31.10.2024, 14:48:43

Hallo Blackpanther, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

13.3.2025, 10:27:06

Hey @[Blackpanther](163646), danke für Deine Anmerkung. Du hast Recht, dass nach dem Wortlaut von § 711 ZPO der Schuldner die Vollstreckung durch „Sicherheitsleistung oder Hinterlegung“ abwenden kann. In der uns bekannten Gerichtspraxis wird allerdings i.d.R. nur die Sicherheitsleistung im Tenor erwähnt. So findet man es auch in der einschlägigen Literatur: Thomas/Putzo, ZPO, 45.A. 2024, § 711 RdNr. 3b; Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 16. A. 2024, 1A. RdNr. 228; Kaiser/Kaiser/Kaiser, Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen, 10.A. 2023, RdNr. 221. Grund dafür ist, dass das Gericht nach freiem Ermessen festlegen kann, in welcher Form die Sicherheit zu leisten ist. Das regelt § 108 Abs. 1 S. 1 ZPO. § 711 Abs. 1 S. 1 ZPO ist daher nicht so zu lesen, dass das Gericht wörtlich: „Sicherheitsleistung oder Hinterlegung“ tenorieren muss. Vielmehr muss das Gericht (zumindest) eine der beiden Varianten (nach freiem Ermessen) tenorieren. Standardfall in der Praxis und im zweiten Examen ist die Sicherheitsleistung. Falls Du aus Deinem Bundesland / Deinem Gerichtsbezirk etwas anderes kennst, lass es mich gerne wissen. Vielleicht hast Du ja auch eine passende Quelle dazu? Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team


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