Öffentliches Recht

VwGO

Verpflichtungsklage

Verpflichtungsklage - Begründetheit (§ 113 Abs. 5 VwGO)

Schema: Verpflichtungsklage - Begründetheit (§ 113 Abs. 5 VwGO)

22. März 2025

12 Kommentare

4,7(23.825 mal geöffnet in Jurafuchs)


Üblicherweise prüfst Du die Begründetheit der Verpflichtungsklage nach dem sog. Anspruchsaufbau. Wie sieht dieser Aufbau aus?

  1. Anspruchsgrundlage

    Begehrt der Kläger den Erlass eines Verwaltungsakt, bedarf es zunächst einer passenden Anspruchsgrundlage, d.h. einer Norm, aus der der Kläger ein subjektives Recht gegenüber der Behörde auf Erlass des Verwaltungsakts ableiten kann. Diese ist zu Beginn des Anspruchsaufbaus zu identifizieren. Anspruchsgrundlagen finden sich vor allem in Vorschriften des besonderen Verwaltungsrechts. In der Klausur wirst Du in der Regel einen Hinweis darauf finden, in welchem Gesetz Du nachgucken musst. Manchmal musst Du die konkrete Anspruchsgrundlage aber selbst finden. Damit wird Deine Fähigkeit geprüft, mit fremden Normen umzugehen.

  2. Tatbestand

    Nach der Identifikation der einschlägigen Anspruchsgrundlage beginnst Du mit der Prüfung, ob der Tatbestand der Anspruchsgrundlage auch erfüllt ist, also ob die Voraussetzungen gegeben sind, damit die Anspruchsgrundlage erfüllt ist und der Kläger sich auf sie berufen kann. Jede Anspruchsgrundlage hat - wie auch jede Ermächtigungsgrundlage - einen Tatbestand und eine Rechtsfolge. Führe Dir diese Normstruktur immer vor Augen und arbeite so juristisch sorgfältig. Nur weil der Tatbestand gegeben ist, heißt es noch nicht, was die Rechtsfolge im jeweiligen Fall ist.

    1. Formelle Tatbestandsvoraussetzungen

      Liegt eine Anspruchsgrundlage vor, prüfst Du im zweiten Schritt zunächst, ob die formellen Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage gegeben sind. Die zu verpflichtende Behörde muss sachlich, örtlich und instanziell zuständig sein. Im Falle der Versagungsgegenklage muss der Bürger einen ordnungsgemäßen Antrag stellen. Manchmal ist ein besonderes Verfahren oder eine besondere Form des Antrags vorgeschrieben. Lies die Anspruchsgrundlage genau und ggf. die Normen „drumherum“.

    2. Materielle Tatbestandsvoraussetzungen

      Prüfungsschwerpunkt liegt regelmäßig darin, die materiellen Tatbestandsvoraussetzungen der Anspruchsgrundlage zu prüfen. Gehe hier strukturiert vor (orientiere Dich an der jeweiligen Anspruchsgrundlage) und argumentiere mit den Angaben im Sachverhalt. Voraussetzungen, die Du unproblematisch bejahen kannst, führst Du nur knapp aus. Sind Voraussetzungen strittig, argumentierst Du ausführlicher.

  3. Rechtsfolge

    Liegen die Voraussetzungen einer Anspruchsgrundlage vor, ist zu prüfen, welche Rechtsfolge an das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft ist. Das ist entscheidend dafür, ob ein Vornahmeurteil (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO) oder lediglich ein Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) ergehen kann. Ist die Rechtsfolge einer Anspruchsgrundlage eine gebundene Entscheidung der Behörde, liegt Spruchreife i.S.v. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO vor. Eine gebundene Entscheidung bedeutet, dass die Behörde den Verwaltungsakt erlassen muss, wenn die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage erfüllt sind. In diesen Fällen verpflichtet das Gericht die Behörde dazu, den konkreten Verwaltungsakt zu erlassen (= Vornahmeurteil). Liegt keine Spruchreife vor, etwa weil der Behörde Ermessen für die Entscheidung eingeräumt wird, kann in der Regel nur ein Bescheidungsurteil ergehen.

Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

simon175

simon175

12.6.2022, 21:21:12

Sehr übersichtlich und ergiebig. Danke.

PACSE

Pacta sunt servanda

14.3.2023, 08:36:04

Sehr unüblicher Aufbau der Prüfung aus meiner Sicht.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

14.3.2023, 12:05:43

Hallo pacta sunt servanda, danke für die Rückmeldung. Dieser ist der typische Aufbau für die Prüfung nach dem Anspruchsaufbau. Ich nehme an, du hast in der Uni den sogenannten "

Rechtswidrig

keitsaufbau" kennengelernt. Keiner der beiden ist richtiger als der andere, der Anspruchsaufbau ist klausurtaktisch einfacher zu handhaben weil er bei allen Formen der

Verpflichtungsklage

- sei es Untätigkeits- oder

Versagungsgegenklage

gleichermaßen funktioniert, ohne dass man dazu geneigt ist Aufbaufehler zu machen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

29.8.2023, 14:55:37

Könntet ihr hier evtl. genauer darauf eingehen, warum der

Rechtswidrig

keitsaufbau fehleranfälliger im Aufbau (bzw. an welcher Stelle der Begründetheit) ist?

kikiara

kikiara

4.5.2024, 13:01:44

An welcher Stelle wird bei dieser Aufbauform dann die

Spruchreife

geprüft?

Maximilian Puschmann

Maximilian Puschmann

7.5.2024, 12:36:00

Hallo Kikiara, das prüfst du in der Rechtsfolge. Wenn du beispielsweise dazu kommst, dass die

Behörde

zwar eine Entscheidung treffen muss, aber hi

erbe

i noch Ermessen hat, würdest du feststellen, dass die Entscheidung noch nicht spruchreif ist und lediglich die

Behörde

zur neuen Bescheidung verurteilt wird (

Bescheidungsurteil

). Du prüfst es also immer automatisch in der Rechtsfolge bzw. dem Ergebnis mit. Beste Grüße, Max – für das Jurafuchs-Team

sy

sy

18.3.2025, 21:05:43

aber wo spreche ich in diesem Aufbau dann die

Rechtswidrig

keit der Versagung an ?

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

20.3.2025, 09:01:01

Hey @[sy](30718), danke für Deine Frage. Der hier dargestellte Aufbau ist der gängige „Anspruchsaufbau“, den wir für die Begründetheit der

Verpflichtungsklage

empfehlen. Soweit der Rechtsschutzsuchende einen Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts hat, hat das die Konsequenz, dass es

rechtswidrig

ist, wenn die

Behörde

den Verwaltungsakt nicht erlässt. In der Prüfung der Begründetheit solltest Du mit dem Obersatz aus § 113 Abs. 5 VwGO einsteigen und dann überleiten zur Anspruchsprüfung: „Die

Verpflichtungsklage

ist begründet, soweit die Ablehnung/Unterlassung des Verwaltungsakts

rechtswidrig

und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Dies ist der Fall, wenn der Kläger einen Anspruch auf Erlass des abgelehnten/unterlassenen Verwaltungsakt hat.“ Danach steigst Du in die hier abgebildete Prüfung ein: „Ks Anspruch auf Erlass der Genehmigung könnte sich aus § xy ergeben. (...)" Ich hoffe, ich konnte Dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen