Hallo Juraddicted, danke für deine Nachfrage. Zur Abgrenzung der Irrtümer ist es immer hilfreich, sich zwei Fragen zu stellen:
1. Irrt der Täter sich über Tatsachen oder erfasst er die Tatsachen richtig, irrt sich aber über deren rechtliche Bewertung?
2. Auf welche Ebene bezieht sich der Irrtum inhaltlich? Auf Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld?
Sowohl beim
Erlaubnisirrtum als auch beim direkten Verbotsirrtum erfasst der Täter die Tatsachen richtig, irrt sich aber über die rechtliche Bewertung.
Der Unterschied ist die Ebene, auf die sich der Irrtum bezieht: Beim
Erlaubnisirrtum bezieht sich der Irrtum auf die Rechtswidrigkeit. D.h. der Täter geht davon aus, dass es einen Straftatbestand gibt, der sein Verhalten erfasst. Er denkt aber, gerechtfertigt zu handeln. Beispiel: Vater V schlägt seinen minderjährigen Sohn S, weil er findet, S habe etwas falsch gemacht. Dabei denkt V, ihm stehe ein elterliches Züchtigungsrecht zu. In Wirklichkeit gibt es ein solches in Deutschland aber nicht (mehr). V erfasst also die Tatsachen richtig, bewertet diese aber falsch (1. Frage). Dabei weiß er zwar, dass Körperverletzungen tatbestandlich verboten sind. Er denkt aber, gerechtfertigt zu handeln. Der Bezugspunkt ist daher die Rechtswidrigkeit (2. Frage). Damit liegt ein
Erlaubnisirrtum vor, hier in der Form des Bestandsirrtums.
Beim direkten Verbotsirrtum hingegen bezieht sich der Irrtum auf die Tatbestandsebene: Der Täter denkt, es gebe gar keinen Straftatbestand, der sein Verhalten unter Strafe stellt. Beispiel: Dieb D schenkt seiner Freundin F nach erfolgreicher Diebestour ein gestohlenes Armband. F weiß um die Herkunft des Armbands, geht aber davon aus, dass sie sich ja nichts zuschulden hat kommen lassen und das Armband annehmen und behalten darf. F erfasst also alle Tatsachen richtig, bewertet diese aber flach (1. Frage). Sie denkt, die Annahme sei tatbestandlich nicht verboten, der Irrtum bezieht sich auf den Tatbestand (2. Frage). Damit liegt ein direkter Verbotsirrtum vor.
Direkter Verbotsirrtum und
Erlaubnisirrtum sind also eng verwandt, bei beiden fehlt dem Täter die Einsicht, Unrecht zu tun, §
17 StGB, nur der Bezugspunkt ist unterschiedlich. Beides sind demnach Verbotsirrtümer in unterschiedlicher Ausprägung und damit nach §
17 StGB zu lösen.
Ich hoffe, das hilft dir bei der Abgrenzung!
Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias
@[Wendelin Neubert](409)