Definition: Erlaubnisirrtum (§ 17 StGB)

13. Dezember 2024

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Was versteht man unter einem „Erlaubnisirrtum“ (§ 17 StGB)?

Ein Erlaubnisirrtum liegt vor, wenn der Täter trotz zutreffender Erfassung des Sachverhalts entweder irrig einen rechtlich nicht anerkannten Rechtfertigungsgrund annimmt (Bestandsirrtum) oder aber die Grenzen eines rechtlich anerkannten Rechtfertigungsgrundes zu seinen Gunsten überdehnt (Grenzirrtum).

Der Erlaubnisirrtum wird auch als indirekter Verbotsirrtum bezeichnet. Er führt nur zur Straffreiheit, wenn der Irrtum unvermeidbar war und somit die Schuld des Täters ausnahmsweise entfällt (§ 17 StGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraddicted

Juraddicted

2.8.2024, 10:14:09

Was wäre ein Beispiel dazu 😊? Gerne auch in Abgrenzung zu dem Verbotsirrtum. Danke!

Tobias Krapp

Tobias Krapp

2.8.2024, 18:46:03

Hallo Juraddicted, danke für deine Nachfrage. Zur Abgrenzung der Irrtümer ist es immer hilfreich, sich zwei Fragen zu stellen: 1. Irrt der Täter sich über

Tat

sachen oder erfasst er die

Tat

sachen richtig, irrt sich aber über deren rechtliche Bewertung? 2. Auf welche Ebene bezieht sich der Irrtum inhaltlich? Auf

Tat

bestand,

Rechtswidrig

keit oder Schuld? Sowohl beim

Erlaubnisirrtum

als auch beim direkten Verbotsirrtum erfasst der Täter die

Tat

sachen richtig, irrt sich aber über die rechtliche Bewertung. Der Unterschied ist die Ebene, auf die sich der Irrtum bezieht: Beim

Erlaubnisirrtum

bezieht sich der Irrtum auf die

Rechtswidrig

keit. D.h. der Täter geht davon aus, dass es einen Straf

tat

bestand gibt, der sein Verhalten erfasst. Er denkt aber, gerechtfertigt zu handeln. Beispiel: Vater V schlägt seinen minderjährigen Sohn S, weil er findet, S habe etwas falsch gemacht. Dabei denkt V, ihm stehe ein elterliches Züchtigungsrecht zu. In Wirklichkeit gibt es ein solches in Deutschland aber nicht (mehr). V erfasst also die

Tat

sachen richtig, bewertet diese aber falsch (1. Frage). Dabei weiß er zwar, dass Körperverletzungen

tat

bestandlich verboten sind. Er denkt aber, gerechtfertigt zu handeln. Der Bezugspunkt ist daher die

Rechtswidrig

keit (2. Frage). Damit liegt ein

Erlaubnisirrtum

vor, hier in der Form des Bestandsirrtums. Beim direkten Verbotsirrtum hingegen bezieht sich der Irrtum auf die

Tat

bestandsebene: Der Täter denkt, es gebe gar keinen Straf

tat

bestand, der sein Verhalten unter Strafe stellt. Beispiel: Dieb D schenkt seiner Freundin F nach erfolgreicher Diebestour ein gestohlenes Armband. F weiß um die Herkunft des Armbands, geht aber davon aus, dass sie sich ja nichts zuschulden hat kommen lassen und das Armband annehmen und behalten darf. F erfasst also alle

Tat

sachen richtig, bewertet diese aber flach (1. Frage). Sie denkt, die Annahme sei

tat

bestandlich nicht verboten, der Irrtum bezieht sich auf den

Tat

bestand (2. Frage). Damit liegt ein

direkter Verbotsirrtum

vor.

Direkter Verbotsirrtum

und

Erlaubnisirrtum

sind also eng verwandt, bei beiden fehlt dem Täter die Einsicht, Unrecht zu tun, §

17 StGB

, nur der Bezugspunkt ist unterschiedlich. Beides sind demnach Verbotsirrtümer in unterschiedlicher Ausprägung und damit nach §

17 StGB

zu lösen. Ich hoffe, das hilft dir bei der Abgrenzung! Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias @[Wendelin Neubert](409)

Juraddicted

Juraddicted

2.8.2024, 21:33:36

Super, vielen lieben Dank 😊!

G0D0FM

G0d0fMischief

2.10.2024, 10:33:05

Hallo, Ist ein

Notwehr

exzess dann automatisch ein Spezialfall des Grenzirrtums? Weil auch bei einem

Notwehr

exzess überschreitet der Täter die Grenzen eines Rechtfertigungsgrundes in

unzulässig

er Weise. Der intensive

Notwehr

exzess wäre dann ja ein klarer Fall des § 33 StGB, während der extensive dann ja ggf. über

17 StGB

entschieden werden könnte.


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