Unzuständigkeit des Gerichts, § 338 Nr. 4 StPO - Grundfall

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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A lauert B auf dessen Abendspaziergang auf und sticht den unbekümmerten B hinterrücks nieder. B verstirbt. Im Prozess vor der großen Strafkammer rügt A rechtzeitig, aber erfolglos, das Schwurgericht sei zuständig. A wird wegen Mordes (§ 211 StGB) verurteilt.

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Einordnung des Falls

Unzuständigkeit des Gerichts, § 338 Nr. 4 StPO - Grundfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Vorliegend war das Landgericht für die Anklage wegen Mordes (§ 211 StGB) erstinstanzlich zuständig (§ 74 Abs. 1 GVG).

Genau, so ist das!

Das Landgericht ist erstinstanzlich zuständig für alle Verbrechen, die nicht zur Zuständigkeit des Amtsgerichts oder des Oberlandesgerichts gehören (§ 74 Abs. 1 GVG).Mord ist mit der lebenslangen Freiheitsstrafe bedroht und damit ein Verbrechen (§ 12 Abs. 1 StGB). Die Amtsgerichte sind bei Verbrechen nur zuständig, wenn eine Strafe von bis zu vier Jahren erwartbar ist (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG). Es ist auch nicht ersichtlich, dass hier eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts begründet sein könnte (§ 120 Abs. 2 GVG). Damit ist die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landgerichts gegeben.
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2. Es liegt ein Verfahrensfehler vor, weil die große Strafkammer hier nicht als Schwurgericht verhandelte (§§ 74 Abs. 2, 74e GVG).

Ja, in der Tat!

Ein Verfahrensfehler liegt vor, wenn die Sache rechtsfehlerhaft vor einem Gericht niederer Ordnung im Sinne des § 74e GVG eröffnet wurde. Die Schwurgerichtskammer ist gegenüber der allgemeinen Strafkammer ein Gericht höherer Ordnung im Sinne der Vorrangregelung des § 74e GVG.Für das Verbrechen des Mordes (§ 211 StGB) ist das Schwurgericht zuständig (§ 74 Abs. 2 Nr. 3 GVG). Die Verhandlung vor der großen Strafkammer, stellt somit einen Verfahrensverstoß dar (§ 74e GVG).§ 74e GVG dient der Vermeidung von Kompetenzkonflikten der grundsätzlich als gleichrangig angesehenen Strafkammern des Landgerichts.

3. Nach § 338 Nr. 4 StPO wird vermutet, dass das Urteil auf der fehlerhaften Zuständigkeitsannahme beruht.

Ja!

Wird das Verfahren vor einem Gericht niederer Ordnung im Sinne des § 74e GVG eröffnet, hat das Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen. Damit wird unwiderleglich vermutet, dass das Urteil auf dieser fehlerhaften Zuständigkeitsannahme beruht (§ 338 Nr. 4 StPO).

4. Das Urteil wird infolge des Fehlers aufgehoben und an eine andere große Strafkammer zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 StPO).

Nein, das ist nicht der Fall!

Wurde das Verfahren vor einem Gericht niederer Ordnung im Sinne des § 74e GVG abgeurteilt, so ist das Urteil aufzuheben und die Sache nach § 355 StPO analog an die zuständige Strafkammer, hier das Schwurgericht, zurückzuverweisen. Es besteht insoweit eine Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage mit den Fällen des § 355 StPO, da die Zurückverweisung an eine andere große Strafkammer nach § 354 Abs. 2 StPO ja wiederum bedeuten würde, dass das Verfahren bei einer funktionell unzuständigen Kammer anhängig wäre.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ri

ri

17.3.2024, 15:22:50

Ich verstehe hier die Falllösung nicht oder habe etwas nicht verstanden. § 338 Nr. 4 erfasst, soweit ich weiß nur die Fälle der sachlichen Unzuständigkeit und nicht die der funktionellen oder örtlichen. Bei der Abgrenzung Schwurgericht oder große Strafkammer geht es aber um die funktionelle Zuständigkeit und § 338 Nr. 4 wäre meines Erachtens nicht anwendbar, sondern § 337 I, 6a StPO.

ri

ri

17.3.2024, 15:26:09

Nein ok, ich habe es durcheinander gebracht. Die sachliche Zuständigkeit ist bereits Verfahrensvoraussetzung und § 338 Nr. 4 erfasst die örtliche und funktionale Zuständigkeit und gerade nicht die sachliche Zuständigkeit, sorry für die Verwirrung.


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