Öffentliches Recht

VwGO

Widerspruchsverfahren

Die reformatio in peius in der Klausur: Begründetheitsprüfung

Die reformatio in peius in der Klausur: Begründetheitsprüfung

29. März 2025

8 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

reformatio in peius

Nach einer kurzen Kaffeepause geht es weiter im Programm: Tutorin T erklärt, wie sich die reformatio in peius auf die Prüfung der Begründetheit einer Anfechtungsklage auswirkt. ‌

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Einordnung des Falls

Die reformatio in peius in der Klausur: Begründetheitsprüfung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Prüfungsmaßstab der Begründetheitsprüfung richtet sich nach dem konkreten Klagegenstand.

Ja, in der Tat!

Liegt eine reformatio in peius vor, kann der Kläger seine Anfechtungsklage richten entweder (1)nur gegen den verbösernden Widerspruchsbescheid (§ 79 Abs. 2 S. 1 VwGO) oder (2)gegen den Ausgangsbescheid in der Gestalt des verbösernden Widerspruchsbescheids (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Im ersten Fall (= isolierte Anfechtung des verbösernden Widerspruchsbescheids) ist die Klage begründet, wenn der angefochtene Widerspruchsbescheid rechtswidrig ist und den Klägern in seinen Rechten verletzt (§§ 115, 113 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 79 Abs. 2 S. 1 VwGO). Ficht der Kläger auch den Ausgangsbescheid an, ist die Klage begründet, soweit der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
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2. Im Rahmen der Begründetheit ist die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Verböserung zu diskutieren.

Ja!

Geht man von der grundsätzlichen Zulässigkeit der reformatio in peius aus, so stellt sich die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage sie ergeht. Denn diese ist – wie bei jedem (belastende) Verwaltungshandeln – aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) erforderlich. Welche Rechtsgrundlage für die Verböserung herangezogen werden soll, ist strittig. Eine Ansicht zieht die §§ 48, 49 VwVfG heran. Die wohl h.M. stellt auf Art. 20 Abs. 3 i.V.m. der Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Ausgangsverwaltungsakts ab. Andere wollen danach unterscheiden, worin genau die Verböserung besteht. Hierzu später mehr!

3. In der Begründetheit der Anfechtungsklage wird nur die materielle Rechtmäßigkeit der reformatio in peius geprüft.

Nein, das ist nicht der Fall!

Gegenstand der Prüfung der Begründetheit ist auch die Rechtmäßigkeit der verbösernden Maßnahme (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Geprüft wird also – neben dem Bestehen einer Ermächtigungsgrundlage für die Verböserung – deren formelle und materielle Rechtmäßigkeit. Für Dir vor Augen: Die Verböserung ist letztlich auch „nur“ ein Verwaltungsakt. Du prüfst in der Rechtmäßigkeit also grundsätzlich die Dir bekannten Punkte. Allein inhaltlich gibt es an der ein oder anderen Stelle eine Besonderheit aufgrund der reformatio in peius.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JURA

juramaus1

8.11.2024, 16:50:28

Muss man den Streit bei der

Ermächtigungsgrundlage

auch thematisieren wenn der Ausgangsbescheid mit angefochten wird?

JO

Jotus

12.2.2025, 14:55:04

Gute Frage... Würde ich auch gernen wissen:)

SEM

Semi

14.6.2025, 14:55:58

Nach meiner Erfahrung wird das erwartet, denn die Verböserung hat ja auch in diesem Fall eine eigene belastende Wirkung, weshalb es einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Solange die Verböserung immer auch von der Anfechtung umfasst ist, sollte daher die

Ermächtigungsgrundlage

thematisiert werden.

Nadim Sarfraz

Nadim Sarfraz

24.6.2025, 20:28:48

Liebe @[Juramaus](29320), gute Frage! Solange der durch den Widerspruchsbescheid modifizierte VA auch auf die ursprüngliche

Ermächtigungsgrundlage

gestützt werden kann, halte ich die Thematisierung des Streits bei einer Anfechtung nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO für nicht erforderlich. Verwaltungsgerichte sprechen den Streit dort auch nicht an. Allerdings ließe sich die Thematik in der Klausur trotzdem kurz anreißen, indem man kurz erwähnt, dass der Streit um die

Ermächtigungsgrundlage

beim verbösernden Widerspruchsbescheid in diesem Fall nicht entschieden zu werden braucht - das gibt im Zweifel einen Extrahaken. (: Liebe Grüße, Nadim für das Jurafuchs-Team

SEM

Semi

14.6.2025, 15:06:24

Hier fehlt meines Erachtens noch die Nennung weiterer Besonderheiten im Rahmen der

Begründetheit

. Also Zuständigkeit und Anhörungserfordernis bei der rip. LG

Linne Hempel

Linne Hempel

24.6.2025, 17:54:56

Hallo Semi, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Linne Hempel, für das Jurafuchs-Team


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