Referendariat: Prozessrecht & Klausurtypen
Die Revisionsklausur im Assessorexamen
Begründetheit III: Verletzungen des sachlichen Rechts (Sachrüge)
Falsche Gesetzesanwendung auf den festgestellten Sachverhalt
Falsche Gesetzesanwendung auf den festgestellten Sachverhalt
12. Februar 2025
5 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A wird wegen Raubes (§ 249 Abs. 1 StGB) verurteilt. Im Hauptverhandlungsprotokoll steht, A habe der Zeugin (Z) die Handtasche entrissen. Im Urteil steht, A habe der überraschten Z die Tasche geschickt von hinten von der Schulter abgestreift. Z konnte nicht mehr reagieren.
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Einordnung des Falls
Falsche Gesetzesanwendung auf den festgestellten Sachverhalt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Urteil ist rechtsfehlerhaft, wenn das Tatgericht die materielle Strafnorm des § 249 Abs. 1 StGB falsch angewendet hat.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Nach den Urteilsfeststellungen hat A eine fremde bewegliche Sache weggenommen (§ 249 Abs. 1 StGB).
Ja!
3. Das Tatgericht hat den Sachverhalt des Urteils rechtsfehlerfrei unter § 249 Abs. 1 StGB subsumiert, da A die Tasche mit Gewalt wegnahm.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Der Rechtsanwendungsfehler ist aber unbeachtlich, da nach den Angaben im Hauptverhandlungsprotokoll ein Raub vorlag.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Die Tatsachen, auf denen der Rechtsanwendungsfehler beruht, müssen in der Revisionsbegründung genau dargelegt werden (§ 344 Abs. 2 S. 2 StPO).
Nein!
6. Das Revisionsgericht entscheidet hier in der Sache selbst und korrigiert den Schuldspruch (§ 354 Abs. 1 S. 1 StPO).
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
jurafuchsles
6.2.2024, 17:18:46

Nocebo
24.5.2024, 20:39:13
Die Feststellungen werden ja insbesondere bei Verfahrensfehler aufgehoben, ein solcher liegt aber nicht vor. Auch liegt der Fehler nicht im Rechtsfolgenausspruch, sondern im
Schuldspruch (Raub) selbst.

flari0n
23.1.2025, 18:02:54
§ 353 Abs. 2 StPO setzt voraus, dass die Feststellungen durch die Gesetzesverletzung betroffen werden. Ich würde das so verstehen, dass auch Feststellungen zur äußeren Tatseite (hier die heimliche
Wegnahme) aufzuheben sind, sodass das Tatgericht insoweit eine neue Beweiswürdigung und rechtliche Würdigung zu treffen hat. Bei MG/S, StPO, 65. Aufl. 2022, § 353 Rn. 15 ist allerdings beispielhaft nur davon die Rede, dass Feststellungen zur äußeren Tatseite bestehen bleiben, während solche zur inneren Tatseite aufgehoben werden (und nicht umgekehrt; wobei in unserem Fall hier wohl zusätzlich auch die Feststellungen zum
Vorsatzaufgehoben werden müssten, damit eine Ver
urteilung wegen Raubes möglich wäre). Es ist aber auch möglich, dass ich das komplett falsch verstehe und aufgrund sachlich-rechtlicher Mängel grundsätzlich nur Feststellungen zur inneren Tatseite aufzuheben sind. Vielleicht hat ja jemand Lust zu einer ausführlicheren Recherche 😅
Roland
26.6.2024, 10:15:31
Wie lässt sich denn eine entsprechende Divergenz zwischen Protokoll und
Urteilrügen? Also wie ist vorzugehen, wenn im Protokoll ein Sachverhalt geschildert wird (also etwa Zeugen
aussagen oä), eine Verletzung von Verfahrensrecht aus dem Protokoll nicht ersichtlich ist und in den Feststellungen des
Urteils dann aber ein davon erheblich abweichender Sachverhalt geschildert wird?

Nocebo
19.7.2024, 16:25:34
Das dürfte einen Verfahrensfehler in Form der "Ausschöpfungsrüge" als Verstoß gegen
§ 261 StPOdarstellen, da das Gericht, ohne dass ein Beweisverwertungsverbot vorlag, relevante Beweis
tatsachennicht verwertet hat.