Scheinkaufmann

19. Februar 2025

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E überlässt seinem handwerklich begabten Freund V sein Auto zur Reparatur. V ist pleite. Deshalb bietet er Es Auto dem Dritten D auf einem Briefpapier an, dessen Briefkopf die Kaufmannseigenschaft des V suggeriert. D denkt, E hätte V zum Verkauf ermächtigt und stimmt zu und nimmt den Wagen mit. ‌

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Einordnung des Falls

Scheinkaufmann

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Hat D gem. § 929 S. 1 BGB Eigentum erworben?

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Eigentumsübertragung nach § 929 S. 1 BGB setzt (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe und (4) Verfügungsbefugnis voraus.V hat sich mit D über den Verkauf geeinigt und den Wagen übergeben. Allerdings war er von E zur Verfügung nicht ermächtigt worden. Eine wirksamer Eigentumserwerb nach § 929 S. 1 BGB kommt also nicht in Betracht.
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2. Ist der Veräußernde Kaufmann, kann § 366 Abs. 1 HGB über die fehlende Verfügungsbefugnis hinweghelfen.

Ja, in der Tat!

§ 366 Abs. 1 HGB erweitert die Gutglaubensschutzvorschriften auf den guten Glauben an die Verfügungsbefugnis eines Kaufmanns (§ 185 BGB). Voraussetzungen: (1) Der Veräußerer ist Kaufmann, (2) es wird eine bewegliche Sache (3) im Betrieb seines Handelsgewerbes veräußert, (4)der Erwerber ist in gutem Glauben an die Verfügungsbefugnis des Kaufmanns und (5) die Sache ist nicht abhandengekommen (§ 935 BGB).

3. Ist V Kaufmann (§ 1 Abs. 1 HGB)?

Nein!

Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1 HGB). V betreibt kein Handelsgewerbe. Vielmehr hat er das Auto nur als Freundschaftsdienst für E repariert. Mit dem Briefpapier samt Briefkopf hat er bei D allerdings den zurechenbaren Rechtsschein gesetzt, ein Kaufmann zu sein. Diesbezüglich ist D gutgläubig. Dies war auch kausal für den Vertragsschluss. V ist somit „Scheinkaufmann“.

4. Erfasst § 366 HGB (gegebenenfalls analog) auch den guten Glauben an die Kaufmannseigenschaft?

Nein, das trifft nicht zu!

§ 366 HGB greift nur in dem Fall, dass ein echter Kaufmann den Anschein einer Verfügungs- oder Vertretungsbefugnis erweckt. Der gute Glaube an die Kaufmannseigenschaft selbst wird dagegen nicht geschützt. Grund dafür ist, dass der Rechtsschein immer nur zu Lasten eines Scheinkaufmanns, also des Rechtsscheinsetzenden wirken kann, nicht zu Lasten unbeteiligter Dritter. V war kein Kaufmann. Ein gutgläubiger Erwerb nach § 366 Abs. 1 HGB ist also trotz des guten Glaubens an die Verfügungsberechtigung und die Kaufmannseigenschaft nicht möglich. Auch eine analoge Anwendung scheidet aus. Somit hat D kein Eigentum erworben.
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