Strafrecht

Strafprozessrecht

Einführung

Rechtsquellen formelles Strafrecht - RiStBV

Rechtsquellen formelles Strafrecht - RiStBV

5. Februar 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B wird als Beschuldigter vernommen. Danach stellt Staatsanwältin S das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 StPO ein. Davon will sie B in Kenntnis setzen. B beantragte, auch die Gründe für die Einstellung zu erfahren. S fragt sich, ob sie B nun auch die Gründe mitteilen muss.

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Einordnung des Falls

Rechtsquellen formelles Strafrecht - RiStBV

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S hat das Verfahren gegen B mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt (§ 170 Abs. 2 S. 1 StPO). Muss B hiervon erfahren?

Genau, so ist das!

Wird das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt, setzt die Staatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 S. 2 StPO den Beschuldigten davon in Kenntnis, wenn (1) er als solcher vernommen wurde, (2) ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war, (3) er um einen Bescheid gebeten hat oder (4) ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.Dies sind die Fälle, in denen die Staatsanwaltschaft zur Kenntnisgabe verpflichtet ist. Zulässig ist die Benachrichtigung aber immer.Da das Verfahren gegen B gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde und B bereits als Beschuldigter vernommen war, muss die Staatsanwaltschaft B von der Einstellung in Kenntnis setzen.
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2. § 170 Abs. 2 S. 2 StPO schreibt ausdrücklich vor, dass S dem auch die Gründe der Einstellung mitteilen muss.

Nein, das trifft nicht zu!

§ 170 Abs. 2 S. 2 StPO schreibt nur vor, dass B von dem Umstand der Einstellung in Kenntnis gesetzt werden muss. Dass auch die Gründe mitgeteilt werden müssen, ist hier nicht vorgeschrieben.

3. S fragt sich, ob sie nach den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) verpflichtet ist, B die Einstellungsgründe mitzuteilen. Enthält die RiStBV gesetzliche Normen?

Nein!

Die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) sind Verwaltungsvorschriften, die eine weitgehend bundeseinheitliche Sachbehandlung sicherstellen sollen. Die RiStBV haben als Verwaltungsvorschriften bzw. innerdienstliche Weisungen (§ 146 GVG) keine Gesetzeskraft. Sie binden lediglich die weisungsgebundenen Beamten der Staatsanwaltschaft, geben aber ausdrücklich auch Hinweise für die nicht weisungsgebundenen Richter. Im 2. Examen kannst du dir viel Auswendiglernen sparen, indem du dir einen Überblick über die RiStBV verschaffst. So enthält etwa Nr. 110 RiStBV umfassende Angaben zum Inhalt der Anklageschrift. Du findest sie im Anhang 12 des Meyer/Goßner.Die RiStBV bindet die Staatsanwaltschaft, da sie, anders als die Gerichte, der Dienstaufsicht des Justizministeriums unterstellt sind (§ 147 Nr. 2 GVG).

4. Gemäß Nr. 88 S. 1 RiStBV muss S dem B hier auch die Einstellungsgründe der Einstellung mitteilen, soweit keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen.

Genau, so ist das!

In der Mitteilung an den Beschuldigten nach § 170 Abs. 2 S. 2 StPO sind die Gründe der Einstellung nur auf Antrag und dann auch nur soweit bekannt zu geben, als kein schutzwürdiges Interesse entgegensteht (Nr. 88 S. 1 RiStBV). Aus der Formulierung („entgegenstehen”) ergibt sich, dass die Mitteilung der Gründe die Regel darstellen soll. Die Einschränkung, dass keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen dürfen, sollte deshalb restriktiv ausgelegt werden. Ein schutzwürdiges Interesse kann etwa bestehen, wenn die Gründe private oder staatliche Geheimnisse enthalten oder Hinweise auf weitere Ermittlungen geben. S muss also prüfen, ob entsprechende Interessen entgegenstehen. Ist dies nicht der Fall, muss S dem Antrag des B entsprechen.

5. Ist Nr. 88 S. 1 RiStBV unmittelbar eine Anspruchsgrundlage für B auf Mitteilung der Gründe?

Nein, das trifft nicht zu!

Da es sich bei den RiStBV nur um Verwaltungsvorschriften handelt, die keine Außenwirkung entfalten, kann sich B nicht unmittelbar auf Nr. 88 RiStBV stützen. Die Entscheidung, ob die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten die Einstellungsgründe mitteilt, ist eine Ermessensentscheidung. Nr. 88 RiStBV ist damit „nur” eine ermessensleitende Verwaltungsvorschrift. B hat aber einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung. Hierbei darf die Staatsanwaltschaft nicht ohne triftigen Grund von ihrer bisherigen Praxis abweichen (Selbstbindung der Verwaltung). Diese Praxis ergibt sich gerade aus Nr. 88 RiStBV. So ergibt sich ein Anspruch zumindest mittelbar aus Nr. 88 RiStBV.Neben der RiStBV gibt es für das Jugendstrafverfahren noch die Richtlinien zum Jugendgerichtsgesetz, die dort vorrangig anwendbar sind.
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