Strafrecht
BT 6: Urkundsdelikte u.a.
Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB)
Subjektiver Tatbestand: Nachteilszufügungsabsicht
Subjektiver Tatbestand: Nachteilszufügungsabsicht
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Jurastudent S übersieht beim Ausparken den Porsche von Professor P und beschädigt ihn leicht. Da P gerade eine Vorlesung im Strafrecht hält, hinterlässt S seine Visitenkarte mit einer kurzen Nachricht am Fahrzeug. Kommilitone T sieht den Vorgang und steckt die Karte ein, um S zu helfen.
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Einordnung des Falls
Subjektiver Tatbestand: Nachteilszufügungsabsicht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T die Visitenkarte des S einsteckt, hat er eine Urkunde unterdrückt, die nicht oder nicht ausschließlich ihm gehört (§ 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Für den subjektiven Tatbestand der Urkundenunterdrückung ist es ausreichend, wenn der Täter vorsätzlich hinsichtlich aller objektiven Tatbestandsmerkmale handelt.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Da T dem S nur helfen wollte, fehlt es ihm an der notwendigen Nachteilszufügungsabsicht.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
DerChristoph
8.5.2024, 08:53:00
Wie ist zu rechtfertigen, dass "Absicht" hier durch die h.M. auf Dolus Directus 2. Grades ausdehnt wird, wenn doch sonst gerade
Dolus Directus 1. Gradesals "Absicht" bezeichnet wird?
Leporello
15.9.2024, 00:00:10
Eine berechtigte Frage und auch durchaus umstritten. So schreibt der Münchner Kommentar sehr deutlich: „Absicht“ soll neben den Fällen des zielgerichteten Wollens nach hM auch Konstellationen umfassen, in denen der Täter den Eintritt des Beweisnachteils unabhängig von seiner Zielsetzung als sichere Folge seines Handelns betrachtet. Das stößt jedenfalls im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG auf durchgreifende Bedenken, weil „Absicht“ die Wissentlichkeit weder im alltäglichen Sprachgebrauch noch (bei exaktem begrifflichem Vorgehen) in der juristischen Fachterminologie einschließt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass eine solche Auslegung jenseits der Wortlautschranke bei anderen Vorschriften des Besonderen Teils ebenfalls verbreitet ist und möglichweise gesetzgeberischen Vorstellungen entspricht – es ist Aufgabe des Gesetzgebers, solche terminologischen Nachlässigkeiten zu beseitigen (zB entsprechend der in § 258 gewählten Formulierung), um die Einbeziehung der entsprechenden Fälle ohne Verstoß gegen den Grundsatz „nullum crimen sine lege“ zu ermöglichen. De lege lata erst recht
unzulässigist die Erstreckung auf Konstellationen, in denen der Täter hinsichtlich des Nachteils nur bedingt vorsätzlich handelt. Münchener Kommentar zum StGB 4. Auflage 2022 Rn. 18
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