Zivilrechtliche Nebengebiete
Handelsrecht
Der Handelskauf (§§ 373ff. HGB)
Mangelfolgeschaden und deliktische Ansprüche
Mangelfolgeschaden und deliktische Ansprüche
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Unternehmer U kauft von Hersteller H 1.000 Dosen Terpentin. Bei der Lieferung beschädigt H diese. U untersucht die Lieferung erst drei Wochen danach und meldet sofort, dass viele Dosen beschädigt sind und auslaufen. Währenddessen entfachen die Dosen einen Brand und zerstören Us Lager.
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Einordnung des Falls
Mangelfolgeschaden und deliktische Ansprüche
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Us Anspruch auf Nachlieferung oder Nachbesserung der mangelhaften Dosen ist wegen des Verstoßes gegen die Rügeobliegenheit ausgeschlossen (§ 377 Abs. 2 HGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. U könnte aber ein Schadensersatzanspruch hinsichtlich des Lagers zustehen (§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
3. Der Ausschluss bei Verstoß gegen die Rügeobliegenheit beschränkt sich auf Mängelrechte hinsichtlich der Kaufsache, während Mangelfolgeschäden weiterhin ersetzt werden müssen.
Nein!
4. U könnte aber ein deliktischer Schadensersatzanspruch wegen des zerstörten Lagers zustehen.
Genau, so ist das!
5. Der deliktische Schadensersatzanspruch ist aber wegen der Verletzung der Rügeobliegenheit ebenfalls ausgeschlossen.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
rlaw
1.5.2024, 14:49:48
Vielleicht interessant für manche: Das hier dargestellte Ergebnis - eine Anrechnung über § 254 - entspricht der hM. Man könnte es aber durchaus auch anders sehen und vertreten, dass die
Rügeobliegenheitaus § 377 II HGB auch im Deliktsrecht greift. Dann käme man zu einem vollständigen Ausschluss. Hauptargument dafür: Sonst ließe sich der vertragliche Ausschluss durch § 377 II HGB fast immer über das Deliktsrecht umgehen und liefe folglich leer. Die hM. ist da aber flexibler mit § 254. Gute Bearbeitungen müssten das je nach Klausur aber wahrscheinlich zumindest andiskutieren. :-)
Lukas_Mengestu
2.5.2024, 12:11:36
Hi rlaw, in der Tat könnte man sich hier auch ein gegenteiliges Ergebnis vorstellen, weshalb man diese Frage durchaus diskutieren kann. Im Hinblick auf die sehr gefestigte hM (vgl. BGH 16.9.1987, BGHZ 11, 337 = NJW 1
988, 52 unter Hinweis auf die Gesetzessystematik sowie Wortlaut und Entstehungsgeschichte von § 377; Oetker/Koch, 8. Aufl. 2024, HGB § 377 Rn. 5 mwN) in diesem Bereich dürfte aber auch in guten Klausuren eine ausführliche Diskussion nicht erwartet werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Dua
7.9.2024, 22:34:01
Hilfe, ich bin verwirrt. In welchen Fällen ist das Deliktsrecht denn genau anwendbar? Dass es auf den Mangel selbst nicht anwendbar ist, ist mir soweit klar, ansonsten stehe ich echt auf dem Schlauch 🤔
Timurso
8.9.2024, 09:33:25
Ich würde es so fassen: Hinsichtlich der Beschädigung der mangelhaften Sache selbst liegt keine Rechtsgutsverletzung vor, da der Käufer nie Eigentümer der mangelfreien Sache war, bevor sie beschädigt wurde. Werden durch den Mangel dagegen andere Sachen im Eigentum des Käufer beschädigt, liegt eine Rechtsgutsverletzung vor, hier können Ansprüche aus Deliktsrecht bestehen. An der Anwendbarkeit des Deliktsrechrs dürfte es in der Regel nicht scheitern, wir haben ja kein EBV oder ähnliches.
Dua
8.9.2024, 17:26:43
Ahh, jetzt macht es für mich mehr Sinn! Danke, die Info hat mir gerade sehr geholfen 🙂