Referendariat
Die zivilrechtliche Anwaltsklausur
Die Anwaltsklausur aus Beklagtensicht (Typ 2)
Mandant legt zugestellte Klage nach Ablauf der Frist des § 276 Abs. 1 ZPO vor - bei der Geschäftsstelle kann niemand erreicht werden
Mandant legt zugestellte Klage nach Ablauf der Frist des § 276 Abs. 1 ZPO vor - bei der Geschäftsstelle kann niemand erreicht werden
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Mandant M legt Anwältin A eine ihm zugestellte Klage mit Versäumnisurteil-Antrag vor. Die ihm im schriftlichen Vorverfahren zur Verteidigungsanzeige gesetzte Frist hat M unverschuldet versäumt (§ 276 Abs. 1 ZPO). Bei der Geschäftsstelle ist niemand zu erreichen.
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Einordnung des Falls
Mandant legt zugestellte Klage nach Ablauf der Frist des § 276 Abs. 1 ZPO vor - bei der Geschäftsstelle kann niemand erreicht werden
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A wird dem M raten, unverzüglich die Verteidigungsanzeige abzugeben und auf die Klage zu erwidern.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Zugleich sollte hilfsweise für den Fall der bereits erfolgten Übermittlung des Versäumnisurteils an die Geschäftsstelle ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO gestellt werden.
Ja, in der Tat!
3. Zudem ist es zweckmäßig bereits hilfsweise Einspruch einzulegen.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Andeutungstheorie
29.5.2024, 15:10:22
Was nutzt einem hier der hilfsweise Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand? Fest steht: Die Frist zur Verteidigungsanzeige ist abgelaufen. Unklar ist: Ist das VU bereits auf dem Weg. Wurde das VU erlassen, bringt einem der Antrag nichts mehr. Wurde das VU noch nicht erlassen, ist der Antrag doch ebenfalls nicht nötig oder?
Nocebo
23.7.2024, 14:56:09
Ich finde das auch total sinnlos, ich glaube auch das geht gar nicht. Denn die Wiedereinsetzung ist ja mit der Handlung zu verbinden, hier ggf. dem Einspruch. Eine Wiedereinsetzung ohne Einspruch macht von vorneherein keinen Sinn.
Nocebo
28.7.2024, 09:09:34
Hierzu auch: "Nicht rechtzeitig ist sie, wenn sie nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen (§ 276 Abs. 1 S. 1) bei Gericht eingeht. Nach § 331 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 verhindert aber auch ein verspäteter Eingang der Verteidigungsanzeige den Erlass des Versäumnisurteils noch solange, wie das von den Richtern unterschriebene Versäumnisurteil noch nicht der Geschäftsstelle übermittelt wurde (das Gericht trifft insoweit aber keine Nachforschungspflicht, vgl. KG MDR 1989, 1003)." (BeckOK ZPO/Toussaint, 53. Ed. 1.7.2024, ZPO § 331 Rn. 18) Mir erschließt sich nicht, welchen Zweck die Wiedereinsetzung bzgl. der VERTEIDIGUNGSANZEIGE haben könnte. Und bzgl. der EINSPRUCHSFRIST wäre sie, wie schon gesagt, unbegründet, wenn nicht gleichzeitig auch Einspruch eingelegt werden würde.
Nocebo
28.7.2024, 09:13:47
Hier, wie von Jurafuchs angegeben, hätte ich mal sofort schauen sollen: "Im Gesetz ist auch die Frist zur Anzeige der Verteidigungsabsicht (§ 276 Abs. 1 S. 1) im schriftlichen Vorverfahren als Notfrist bezeichnet. Für diese Frist wird verschiedentlich gegen den eindeutigen Wortlaut von Abs. 1 die Möglichkeit der Wiedereinsetzung verneint, und zwar mit der Begründung, hierfür bestehe kein Bedürfnis, weil die Rechtsfolge der Fristversäumnis das Versäumnisurteil des schriftlichen Vorverfahrens sei (§ 331 Abs. 3) und gegen dieses Einspruch eingelegt werden könne. Dem kann jedoch nicht zugestimmt werden. Zwar ist die gesetzliche Regelung etwas systemfremd. Doch muss sie gleichwohl beachtet werden. Es trifft nicht zu, dass für die Wiedereinsetzung das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Vor Erlass des Versäumnisurteils bleibt eine gewisse Zeitspanne (zwischen Übergabe des Urteils an die Geschäftsstelle und Zustellung), für die der Wiedereinsetzungsantrag sinnvoll ist. Nach Zustellung des Versäumnisurteils konkurriert der Wiedereinsetzungsantrag zwar mit dem Einspruch, dessen Einlegung zur Beseitigung des Versäumnisurteils unumgänglich ist. Die Wirkungen der Wiedereinsetzung gehen aber teilweise über den Einspruch hinaus. Mit der Wiedereinsetzung steht (rückwirkend) fest, dass das Versäumnisurteil zu Unrecht ergangen ist, denn die Partei war nicht säumig. Das bedeutet, dass gemäß § 719 Abs. 1 S. 2 der Vollstreckungsschutz gegen das Urteil gestärkt ist. Schon allein wegen dieser Unterschiede besteht kein ausreichender Grund, für den Antrag auf Wiedereinsetzung das Rechtsschutzbedürfnis generell zu versagen." (MüKoZPO/Stackmann, 6. Aufl. 2020, ZPO § 233 Rn. 19)