Öffentliches Recht

Grundrechte

Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit (Art. 4 GG)

Eingriff durch gerichtliches Urteil bei mittelbarer Drittwirkung

Eingriff durch gerichtliches Urteil bei mittelbarer Drittwirkung

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Arbeitgeber A stellt sein Angebot von Gemüse auf Wurstwaren um. Da er „Konflikte“ befürchtet, entlässt er alle Gläubigen, so auch seinen muslimischen Arbeitnehmer M, der dagegen klagt. Das Arbeitsgericht verkennt die Bedeutung der Glaubensfreiheit grundlegend und weist Ms Klage ab.

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Einordnung des Falls

Eingriff durch gerichtliches Urteil bei mittelbarer Drittwirkung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A ist als Arbeitgeber Grundrechtsadressat und damit im Verhältnis zu seinen Mitarbeitern unmittelbar an die Achtung der Glaubensfreiheit gebunden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Grundrechte wie die Glaubensfreiheit stellen dem klassischen Verständnis nach Abwehrrechte des Einzelnen gegenüber dem Staat dar. Privatpersonen können somit im Regelfall keine unmittelbaren Grundrechtsadressaten sein und daher nicht unmittelbar die Grundrechte anderer verletzen. A ist als privater Arbeitgeber kein Grundrechtsadressat und damit im Verhältnis zu seinen Mitarbeitern nicht unmittelbar an die Achtung der Glaubensfreiheit gebunden.
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2. Im Verhältnis Privater untereinander, wie zwischen A und M, gilt die Glaubensfreiheit jedoch trotzdem mittelbar.

Ja, in der Tat!

Privatpersonen können im Regelfall keine unmittelbaren Grundrechtsadressaten sein und daher nicht unmittelbar die Grundrechte anderer verletzen. Grundrechte gelten jedoch trotzdem mittelbar im Verhältnis der Bürger untereinander als deren objektive Werteordnung (mittelbare Drittwirkung der Grundrechte). Zur Durchsetzung dieser mittelbaren Drittwirkung müssen Gerichte die Grundrechte bei der Begutachtung privatrechtlicher Verhältnisse beachten.Im Verhältnis Privater untereinander, wie hier zwischen A und M, gilt die Glaubensfreiheit somit mittelbar, bildet sie auch hier die Grundlage der rechtlichen Verhältnisse als Teil einer objektiven Wertordnung.

3. Den Eingriff in den Schutzbereich der Glaubensfreiheit von M stellt somit die Entlassung durch A dar.

Nein!

Der Schutzbereich der Glaubensfreiheit ist betroffen, wenn der Staat eine der geschützten Verhaltensweisen in irgendeiner Weise regelt oder faktisch behindert. Voraussetzung eines Grundrechtseingriffs ist somit grundsätzlich staatliches Handeln. Bei der Entlassung des M durch A handelt es sich nicht um staatliches Handeln, da A eine Privatperson ist. Es bestehen keinerlei Hinweise dafür, dass der Staat Träger von As Firma ist. Die Entlassung durch A stellt somit keinen staatlichen Eingriff in den Schutzbereich der Glaubensfreiheit von M dar.

4. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, welche die Bedeutung von Ms Glaubensfreiheit grundlegend verkennt und seine Klage abweist, greift in Ms Glaubensfreiheit ein.

Genau, so ist das!

Grundrechte gelten mittelbar im Verhältnis von Bürgern untereinander als deren objektive Werteordnung (mittelbare Drittwirkung der Grundrechte). Zur Durchsetzung dieser mittelbaren Drittwirkung müssen Gerichte die Grundrechte bei der Begutachtung privatrechtlicher Verhältnisse beachten. Dabei müssen sie bei der Auslegung einfachgesetzlicher Vorschriften die Bedeutung und Tragweite potenziell relevanter Grundrechtsnormen ausreichend in Betracht ziehen.Im Falle einer gerichtlichen Entscheidung einer Rechtssache zwischen Privatpersonen hat das Gericht die Bedeutung und Tragweite der relevanten Grundrechte zu beachten. Verkennt es diese – wie hier – grundlegend, greift es damit als staatlicher Akteur in den Schutzbereich der Glaubensfreiheit ein.
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