Zivilrecht
Sonstige vertragliche Schuldverhältnisse
Darlehensvertrag, §§ 488ff. BGB
(Qualifizierte) Schriftform, §§ 492ff.
(Qualifizierte) Schriftform, §§ 492ff.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Frau F und Bankmitarbeiterin B einigen sich mündlich über ein Darlehen von €50.000 mit einer Laufzeit von vier Jahren und einem jährlichen Zins von 1,5%. F will mit dem Geld ihre neue Wohnung finanzieren. B zahlt das Darlehen an F aus.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
(Qualifizierte) Schriftform, §§ 492ff.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. F und B haben einen Verbraucherdarlehensvertrag nach § 491 BGB geschlossen.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Vertrag zwischen F und B verstößt gegen die Schriftform des § 492 Abs. 1 BGB.
Genau, so ist das!
3. Der Vertrag zwischen F und B ist bei Vertragsschluss nichtig nach § 494 Abs. 1 BGB.
Ja, in der Tat!
4. Der Formmangel wurde aber mit Auszahlung des Darlehens an F geheilt.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
evanici
4.9.2023, 16:59:40
Eine sprachliche Formulierungsfrage: Haben F und B bis zur Auszahlung der Darlehensvaluta tatsächlich einen Vertrag geschlossen, auch wenn sie gegen das Schriftformerfordernis verstoßen haben? Oder haben sie den Vertrag erst geschlossen, sobald die Auszahlung erfolgt? Oder haben sie einfach einen unwirksamen Vertrag geschlossen, der mit der Heilung wirksam wird, sodass der ursprüngliche Zeitpunkt relevant bleibt?
Lukas_Mengestu
6.9.2023, 13:05:16
Hallo evanici, für einen Vertrag bedarf es zunächst mindestens zwei sich korrespondierende Willenserklärungen, namentlich Angebot und Annahme, die die wesentlichen Vertragsinhalte (essentialia negotii) enthalten. Insofern liegt hier bereits in der mündlichen Abrede ein Vertragsschluss. Davon zu trennen ist die Frage der Wirksamkeit. Nach § 494 Abs. 1 BGB ist der abgeschlossene Vertrag zunächst nichtig. Aus dem Gesetzeswortlaut geht also auch noch einmal hervor, dass ein (zunächst unwirksamer) Vertragsschluss vorliegt, wenn es nur an der Schriftform des Verbraucherdarlehensvertrages kommt. Durch die Auszahlung wird der
schwebend unwirksame Vertrag dann geheilt (§ 494 Abs. 2 S. 1 BGB). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
FW
8.11.2024, 19:17:25
Hi, die Schriftform soll im BGB ja eigentlich dem Beweis dienen und vor Übereilung schützen, oder? Ich verstehe nicht ganz, warum der Verbraucher dadurch schutzbedürftiger ist, dass die Bank das Darlehen auszahlt. Möglicherweise irrt er sich über das Erfordernis und die Bank nutzt dies gezielt aus, um einen im Zweifel später höheren Zins zu verlangen. Also folgendes Beispiel: B zahlt an V ein Darlehen in Höhe von 100.000 Euro aus nach Abschluss eines Darlehensvertrages zum mündlich vereinbarten Zinssatz von 1 %. Im Nachhinein verlangt die Bank dann die Rückzahlung von 100.000 Euro + zusätzlich Zinsen in Höhe der durchschnittlich vereinbarten Zinsen, sagen wir 3-4 %. Dann hat der Verbraucher ja keinen Nachweis, hat jedoch bereits die 100.000 Euro verbraucht. Letztendlich würde der Richter ja aus Billigkeitsgründel einen normalen Zinssatz annehmen, oder nicht? Ein Zinssatz von 1% ist ja völlig abwegig.
Lorenz
9.11.2024, 12:39:31
Das dürfte tatsächlich ein Problem sein. Umgekehrt könnte die Bank das Geld nach 812 sofort verlangen, wenn der Vertrag nichtig bliebe. Offenbar möchte man den Verbraucher lieber davor schützen.