+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
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Klassisches Klausurproblem
K kauft von V einen Kleinbus unter Eigentumsvorbehalt. Noch vor vollständiger Zahlung lässt sie einen Motorschaden bei dem Werkunternehmer W reparieren. Während der Reparatur tritt V vom Kaufvertrag zurück und verlangt den Bus von W heraus.
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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. W hat gegen V einen Anspruch auf Verwendungsersatz, wenn die Voraussetzungen des § 994 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen.
Genau, so ist das!
Die Voraussetzungen für einen Verwendungsersatzanspruch aus § 994 Abs. 1 BGB sind (1) eine Vindikationslage, (2) Vornahme einer notwendigen Verwendung durch den Besitzer und (3) Gutgläubigkeit und Unverklagtheit des Besitzers.In einer Klausur wird dies häufig inzident geprüft, wenn es darum geht, ob dem Werkunternehmer gegen den Eigentümer ein Zurückbehaltungsrecht (§ 1000 BGB) zusteht. Hier wären dann vorab auch noch vertragliche bzw. quasivertragliche (GoA) Ansprüche gegen zu prüfen, die aber letztlich abzulehnen sind.
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2. Lag zum Zeitpunkt der Verwendungsvornahme eine Vindikationslage vor?
Nein, das trifft nicht zu!
Diese setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer und (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Recht zum Besitz (§ 986 BGB) ist.
Die Verwendungsvornahme ist in diesem Fall die Reparatur. Als K die Reparatur in Auftrag gegeben hat und W damit begann, war V noch nicht vom Kaufvertrag zurückgetreten. Zu diesem Zeitpunkt hatte W daher ein von K abgeleitetes Besitzrecht nach § 986 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB. 3. Nach der Rechtsprechung scheidet ein Verwendungsersatzanspruch des Werkunternehmers aufgrund der fehlenden Vindikationslage zum Zeitpunkt der Verwendung von vorneherein aus.
Nein!
Nach der Rspr. muss die Vindikationslage in Fällen, in denen ein Unternehmer Verwendungen auf eine bestellerfremde Leistung tätigt, ausnahmsweise nicht bereits bei Vornahme der Verwendungen vorliegen. Vielmehr genüge es hier, wenn die Vindikationslage zum Zeitpunkt eines später vom Eigentümer geltend gemachten Herausgabeanspruches bestehe. Dies wird damit begründet, dass der ehemals berechtigte Besitzer sonst schlechter stünde, als ein von vornherein unberechtigter Besitzer.Als weiteres Argument wird angeführt, dass der Unternehmer schutzbedürftig sei, da nach h.M. ein gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrecht ausgeschlossen sei. Einzelheiten hierzu findest Du in der Einheit Werkrecht. 4. Nach einem Teil der Literatur scheidet ein Verwendungsersatzanspruch bereits deshalb aus, da dem Unternehmer ein Werklohnanspruch gegen den Besteller zustehe.
Genau, so ist das!
Ein Teil der Literatur lehnt die von der Rechtsprechung genutzte Ausnahme ab und verlangt auch in Fällen, in denen ein Unternehmer Verwendungen auf eine bestellerfremde Sache tätigt, dass zum Zeitpunkt der Verwendung eine Vindikationslage vorliegt. Dem Werkunternehmer stehe gegen den Besteller ein Werklohnanspruch zu. Er sei somit hinreichend abgesichert. Sofern dieser Anspruch aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Bestellers wertlos sei, so handele es sich dabei um das normale Insolvenzrisiko.
Durch die von der Rspr. vorgenommene Ausnahme würden zudem die Wertungen der §§ 346 ff. BGB und §§ 812 ff. BGB unterlaufen.
5. Nach einem Teil der Literatur scheitert ein Verwendungsersatzanspruch zudem daran, dass der Werkunternehmer kein „Verwender“ sei.
Ja, in der Tat!
Ein Teil der Literatur hält, ähnlich wie bei § 950 BGB, eine wirtschaftliche Betrachtung des Verwenderbegriffs für vorzugswürdig. Nur der Besteller sei danach als Verwender anzusehen, nicht hingegen derjenige, der lediglich in Erfüllung eines Vertrages handelt. Die Tätigkeit des besitzenden Werkunternehmers sei nicht durch den Besitz an der
Sache, sondern allein durch die Gegenleistung motiviert. Folglich sei es angemessen, den Unternehmer auf die Forderung gegen seinen Vertragspartner zu beschränken, dem er vertraut habe. Da die Reparatur hier durch K auf eigene Rechnung veranlasst wird und W lediglich seine vertragliche Pflicht erfüllt, ist W nach dieser Auffassung nicht als Verwender anzusehen.
6. Auch nach der Rspr. ist W kein Verwender, weswegen ihm kein Verwendungsersatzanspruch zusteht.
Nein!
Nach der Rspr. ist auch derjenige Verwender, der die Verwendungen tatsächlich vornimmt, also der Unternehmer. Vertragliche Abreden zwischen dem Besitzer und dem Werkunternehmer hätten auf die sachenrechtliche Beziehung zwischen Werkunternehmer und Eigentümer keinen Einfluss. Begründet wird dies zudem mit der Schutzwürdigkeit des Werkunternehmers. Da ihm bezüglich bestellerfremden Sachen kein Werkunternehmerpfandrecht zustehe, stünde er ohne Verwendungsersatzanspruch gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers schutzlos dar.
7. Nach der Rechtsprechung kann W Verwendungsersatz von V verlangen (§ 994 Abs. 1 S. 1 BGB).
Genau, so ist das!
Nach der Rspr. besteht ein Verwendungsersatzanspruch gemäß § 994 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB, da das Bestehen der Vindikationslage beim Herausgabeverlangen ausreicht und die sonstigen Voraussetzungen ebenfalls vorliegen.
Folgt man dagegen den Meinungen in der Literatur, die entweder das Bestehen einer Vindikationslage zum Zeitpunkt der Verwendungen verlangen oder die Verwendereigenschaft des W verneinen, scheidet ein Anspruch gegenüber V aus.
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