Zeitpunkt des Zugangs: Urlaubsabwesenheit

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Arbeitnehmerin A nimmt sich vier Wochen Urlaub, um in Nepal Wandern zu gehen. Direkt in der ersten Woche ihres Urlaubs wirft Chefin C die Kündigungserklärung in As Briefkasten ein.

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Einordnung des Falls

Zeitpunkt des Zugangs: Urlaubsabwesenheit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Kündigungerklärung wird nur wirksam, wenn sie zugeht.

Genau, so ist das!

Die Kündigungserklärung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Eine solche bedarf für ihre Wirksamkeit des Zugangs beim Erklärungsempfänger (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Bei verkörperten Willenserklärungen liegt Zugang vor, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass er von ihr Kenntnis nehmen kann und wenn unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.Der Zeitpunkt des Zugangs ist besonders relevant, wenn Fristen (zB Kündigungsfrist) eingehalten werden müssen.
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2. Die Erklärung ist A erst zugegangen, als sie den Briefkasten nach ihrem Urlaub leerte.

Nein, das trifft nicht zu!

Bei verkörperten Willenserklärungen liegt Zugang vor, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass er von ihr Kenntnis nehmen kann und wenn unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist. BAG: Ein an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichtetes Kündigungsschreiben gehe diesem grundsätzlich auch dann zu, wenn dem Arbeitgeber bekannt ist, dass der Arbeitnehmer während seines Urlaubs verreist ist.Spätestens am Folgetag nach Einwurf der Kündigungserklärung ist Cs Kündigung somit zugegangen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IS

IsiRider

5.5.2022, 20:56:16

Wie soll dann A die 3-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage einhalten? Zur Reaktion müsste sie doch den Urlaub brechen und der dann erneut zu laufen beginnt oder?

Jana-Kristin

Jana-Kristin

9.5.2022, 15:09:12

Letztlich verbleibt A nur die Möglichkeit, einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Kündigungsschutzklage iSd § 5 Abs. 1 S. 1 KSchG zu stellen.

Im🍑nderabilie

Im🍑nderabilie

22.7.2022, 11:19:16

Eigentlich im Ergebnis ein sehr unbilliges Ergebnis, wenn man bedenkt, dass der Arbeitgeber ja von den genommenen Urlaubswochen weiß und uU so der Kündigungsschutzklage entgehen will🧐

JURAFU

jurafuchsles

22.7.2022, 13:21:08

Ich stimme dir zu, der BAG hat diese frühere Rechtsprechung aber aufgegeben. Zum einen weil der

§ 130 BGB

einen objektiven Kenntnisnahmebegriff zugrundegelegt und daher nicht auf subjektive Kenntnisnahmeerwartungen des Erklärenden oder individuelle Kenntnisnahmehindernisse beim Empfänger Rücksicht genommen werden kann. Und auch weil ansonsten Rechtsunsicherheiten entstehen würden, zb wenn der AN ohne Information an den AG den Urlaub nicht antritt. Hieran sieht man dass das Abstellen auf die subjektiven Vorstellungen immer auch zu Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten im Prozess führen können. Zudem würde die Kündigungsmöglichkeit durch den AG unbillig erschwert, wenn er die Frist nur so wahren könnte. Als letzten Punkt kann aufgeführt werden, dass dem AN dennoch in aller Regel die Möglichkeit der nachträglichen Klagezulassung nach § 5 KSchG verbleibt.


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