Zivilrechtliche Nebengebiete
Handelsrecht
Handelsregister und sonstige Rechtsscheintatbestände
Publizität des Handelsregisters, Negative Publizität, § 15 Abs. 1 HGB
Publizität des Handelsregisters, Negative Publizität, § 15 Abs. 1 HGB
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
P ist Prokuristin der Feinkost OHG. Die Prokura wird widerrufen, ohne dass dies im Handelsregister eingetragen wird. P bestellt bei Lieferant L zehn Kisten frische Feigen. Als L diese liefert, entgegnet Gesellschafterin A, sie nehme die Feigen nicht an. Der Kaufvertrag sei nicht zustande gekommen, P’s Prokura sei erloschen.
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Einordnung des Falls
Publizität des Handelsregisters, Negative Publizität, § 15 Abs. 1 HGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Vertrauen des Geschäftsverkehrs in die Vollständigkeit des Handelsregisters wird geschützt (§ 15 Abs. 1 HGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Erlöschen der Prokura ist eine eintragungspflichtige Tatsache (§ 15 Abs. 1 HGB).
Ja!
3. Das Erlöschen von P’s Prokura wurde nicht in das Handelsregister eingetragen (§ 15 Abs. 1 HGB).
Genau, so ist das!
4. L kannte das Erlöschen der Prokura im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht (§ 15 Abs. 1 HGB).
Ja, in der Tat!
5. A kann L das Erlöschen von P‘s Prokura nicht entgegenhalten, sodass der Kaufvertrag zwischen der Feinkost OHG und L wirksam zustande gekommen ist (§ 15 Abs. 1 HGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Zlatan1328
1.9.2024, 20:11:25
Wie ist diese “Wahlrecht” des Dritten dogmatisch einzuordnen? Ist es so, dass er § 15 I HGB wie eine Einrede erheben muss? Bzw wie ist die Lage, wenn er gar nix macht?
Blackiel
14.10.2024, 10:51:10
Sehr gute Frage! 15 I HGB ist weder eine Einrede noch eine rechtsvernichtende Einwendung. Einreden werden vom Beklagten erhoben. Einwendung werden vom Gericht für den Beklagten vorab geprüft. 15 I HGB stellt jedoch einen Rechtsschein dar. Üblicherweise wird der Kläger sich auf die Norm berufen, weil er auf die Richtigkeit des Handelsregisters vertraute. Hier auf das Nichtvorliegen des Widerrufs der Prokura. Der Kläger hat das "Wahlrecht", ob er sich auf diesen Rechtsschein berufen möchte, oder eben nicht. Wenn er dies tut, muss er aber auch konsequent bei dieser Entscheidung bleiben. Er kann in seiner Argumen
tation sich nicht einmal darauf berufen, dass er an das Bestehen der Prokura vertraute und dann wieder auf die
tatsächlichen Umstände - das Nichtvorliegen der Prokura - abstellen. Achtung: Das gilt nur, sofern es um dasselbe Merkmal (z.B. Vorliegen der Prokura) in einem Sachverhalt geht. Sofern es einmal um das Zustandekommen eines Vertrages und danach um die Haftung eines Gesellschafters geht, darf sich der Kläger bzw. Dritte die für ihn beste Konstellation wählen, sich also die Rosinen herauspicken. Deshalb nennt sich diese Rechtsfortbildung des BGH auch "
Rosinentheorie".