Übereignung nach § 929 S. 1 BGB

19. Mai 2025

5 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K und V schließen einen Kaufvertrag über Vs Uhr. Eine Woche später übereignet und übergibt V dem K seine Uhr.

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Einordnung des Falls

Übereignung nach § 929 S. 1 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat mit Abschluss des Kaufvertrags Eigentum erlangt (vgl. § 433 BGB)

Nein, das trifft nicht zu!

Mit dem Abschluss des Kaufvertrags hat K nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Eigentumsverschaffung gegen V erworben. Das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und das dingliche Verfügungsgeschäft sind getrennt voneinander zu betrachten (Trennungsprinzip).
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2. Der Anspruch des K auf Eigentumsverschaffung ergibt sich aus § 929 S. 1 BGB.

Nein!

§ 929 S. 1 ist keine Anspruchsgrundlage. Vielmehr normiert § 929 S. 1 BGB die Voraussetzungen für eine wirksame Eigentumsübertragung. Der Anspruch des Käufers auf Eigentumsübertragung ergibt sich aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB.

3. Das Eigentum kann grundsätzlich nur durch Abschluss eines Rechtsgeschäft erworben werden (siehe z.B. § 958 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie das Eigentum an einer Sache auf eine andere Person (= Erwerber) übergehen kann. Eigentumserwerb kann sich zum einen durch Rechtsgeschäft vollziehen (§§ 929 ff. BGB). Ein Eigentumserwerb kann ferner durch Realakt (Aneignung nach § 958 BGB), durch einen gesetzlichen Eigentumserwerb (z.B. § 950 BGB, § 1922 BGB), oder durch Hoheitsakt (§ 817 ZPO) erfolgen. Du prüfst in der Klausur nicht immer sämtliche Erwerbstatbestände an. Vielmehr musst Du schauen, welche Möglichkeiten im Sachverhalt angelegt sind (Stichwort: Schwerpunktsetzung!). Der gesetzliche Eigentumserwerb unterscheidet sich vom rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb vor allem dadurch, dass das Eigentum „automatisch“ entsteht (vgl. § 950 BGB) bzw. übergeht (vgl. § 1922 BGB), sobald die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm vorliegen. Es bedarf gerade keiner (rechtsgeschäftlichen) Mitwirkungshandlung des Veräußerers und/oder des Erwerbers. Den gesetzlichen Eigentumserwerb schauen wir uns später noch genauer an!

4. K könnte das Eigentum an der Uhr nach § 929 S. 1 BGB von V erlangt haben.

Ja, in der Tat!

Die (rechtsgeschäftliche) Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers.V und K haben sich über den Eigentumsübergang geeinigt. V hat K die Uhr übergeben. V und K waren zum Zeitpunkt der Übergabe einig, dass das Eigentum an K übergehen soll. V war schließlich als Eigentümer der Uhr auch berechtigt, darüber zu verfügen. K hat nach § 929 S. 1 BGB Eigentum an der Uhr erlangt. Die einzelnen Voraussetzungen des § 929 S. 1 BGB schauen wir uns in den nächsten Aufgaben Schritt für Schritt genauer an!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EVA

evanici

14.9.2023, 14:42:48

Bei § 958 ist mir klar, dass die Aneignung kein

Rechtsgeschäft

, sondern ein

Realakt

ist und deswegen (?) auch keinen gesetzlichen Eigentumsübergangstatbestand darstellt. Warum wäre § 1922 aber kein gesetzlicher Eigentumsübergang? "Sterben" wäre ja zumindest auch kein

Realakt

, oder?

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

11.12.2024, 14:17:12

Hey @[evanici](214760), danke für die wichtige Nachfrage. Du hast Recht damit, dass es sich bei § 1922 BGB um einen gesetzlichen Eigentumserwerbstatbestand handelt. Der Begriff des Eigentumserwerbs per Gesetz ist vor allem in Abgrenzung zum

Rechtsgeschäft

zu verstehen: Ein gesetzlicher Eigentumserwerb liegt vor, wenn das Eigentum an einer Sache unmittelbar durch die Anordnung des Gesetzes und ohne ein

Rechtsgeschäft

oder eine Willenserklärung des bisherigen Eigentümers oder des Erwerbers übergeht. Es zeichnet sich also vor allem dadurch aus, dass das Eigentum „automatisch“ übergeht, wenn die gesetzlich normierten Voraussetzungen vorliegen. Innerhalb der Erwerbstatbestände kann man dann weiter differenzieren: Der gesetzliche Eigentumserwerb kann originär (neues Eigentum entsteht, z. B.

§ 950 BGB

) oder derivativ (das Eigentum wird von einem Vorbesitzer übernommen, z. B. § 1922 BGB) erfolgen. Ich habe diese Differenzierungen nun in die Aufgabe aufgenommen. Ich hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

Mephisto

Mephisto

29.12.2024, 10:11:59

Im Erklärungstext wird m.E. suggeriert, dass der Eigentumserwerb kraft Aneignung kein gesetzlicher Eigentumserwerb wäre, weil er durch einen

Realakt

geschehe. Dies ist nicht ganz richtig, weil auch die Aneignung zwar durch einen

Realakt

geschehe, nichtsdestoweniger zu den gesetzlichen Eigentumserwerbstatbeständen gezählt wird, vgl. Wellenhofer, SachenR 39 Aufl., § 12 Rn. 4.


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