Besitzschutz unter Miterben bei verbotener Eigenmacht – § 861 Abs. 1 BGB


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S und M bilden eine Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB). Zum Nachlass des Erblassers E gehören ein Wohnhaus und die darin befindlichen Gegenstände. M sieht ihr Erbe gefährdet und bringt daher eine Skulptur aus dem Wohnhaus "zur Sicherheit" in ihren Besitz.

Einordnung des Falls

Besitzschutz unter Miterben bei verbotener Eigenmacht – § 861 Abs. 1 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S hatte Besitz an der Skulptur, bevor M sie an sich genommen hat.

Ja, in der Tat!

Der Besitz des E ist durch seinen Tod auf seine Erben übergegangen (Erbenbesitz, § 857 BGB). Es kommt auf eine tatsächliche Sachherrschaft bei S nicht an. Dem steht nicht entgegen, dass auch M Erbin ist. Als Miterben werden S und M Mitbesitzer (§ 866 BGB).

2. M hat dem S den Mitbesitz an der Skulptur durch verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) entzogen.

Ja!

Verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) ist jede widerrechtlich vorgenommene Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzers in der Ausübung seiner tatsächlichen Sachherrschaft. Widerrechtlich ist die Besitzbeeinträchtigung, wenn sie ohne den Willen des Besitzers erfolgt und gesetzlich nicht besonders gestattet ist. Die Beeinträchtigung kann in einer Sachentziehung oder in einer sonstigen Störung bestehen.M nahm die Skulptur ohne Willen des S in Besitz. Dies war auch nicht gesetzlich besonders gestattet.

3. Wegen § 866 BGB findet unter den Mitbesitzern S und M kein Besitzschutz statt. Die lässt die verbotene Eigenmacht der M entfallen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Unter Mitbesitzern ist dem Besitzschutz durch § 866 BGB eine Grenze gesetzt. Besitzschutz findet dabei nicht statt, soweit es um die Grenzen des dem Einzelnen zustehenden Gebrauchs geht.Zwischen S und M geht es hier jedoch nicht um die Grenzen des Gebrauchs, sondern um den Entzug des gesamten Mitbesitzes. Dies erfasst § 866 BGB nicht.

4. Die Erbengemeinschaft hat einen Anspruch auf Herausgabe der Skulptur aus § 861 Abs. 1 BGB gegen M, den S für die Erbengemeinschaft geltend machen kann.

Ja, in der Tat!

Der Herausgabeanspruch aus § 861 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) Besitzentzug beim Anspruchsteller durch verbotene Eigenmacht, (2) fehlerhafter Besitz des Anspruchsgegners, (3) kein Ausschluss nach § 861 Abs. 2 BGB, (4) kein Erlöschen nach § 864 BGB. M entzog der Erbengemeinschaft den Besitz mit verbotener Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB). M besitzt auch fehlerhaft gegenüber der Erbengemeinschaft, da sie die verbotene Eigenmacht selbst begangen hat (§ 858 Abs. 2 BGB). Der Anspruch ist auch nicht ausgeschlossen nach § 861 Abs. 2 BGB oder erloschen nach § 864 BGB. Da die Besitzeinräumung eine Nachlassforderung ist, kann S jedoch nicht Herausgabe an sich selbst, sondern nur an die Erbengemeinschaft verlangen (§ 2039 S. 1 BGB). D.h S kann Einräumung von Mitbesitz verlangen.

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