Strafklageverbrauch nach Teileinstellung, § 154a StPO

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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A wird wegen Anstiftung zur schweren räuberischen Erpressung (§§ 253 Abs. 1, 255, 250, 26 StGB) in Tateinheit mit Bedrohung (§ 241 Abs. 1 StGB) angeklagt. Im Prozess stellte das Gericht die Bedrohung „nach § 154 Abs. 2 StPO" vorläufig im Hinblick auf die wegen der Anstiftung zu erwartende Strafe ein. Später verurteilt es dann A wegen der Anstiftung.

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Einordnung des Falls

Strafklageverbrauch nach Teileinstellung, § 154a StPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Will das Gericht innerhalb einer prozessualen Tat (§ 264 Abs. 1 StPO) von der Verfolgung eines Delikts absehen, richtet sich die Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO.

Nein!

§ 154 Abs. 2 StPO ist einschlägig, wenn das Gericht von der Verfolgung einer gesamten „Tat“ im prozessualen Sinne absehen will. Will sie innerhalb einer Tat von der Verfolgung eines Delikts absehen, ist die Beschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO einschlägig. Hier hat das Gericht sich also irrtümlich auf die falsche Norm gestützt.
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2. Die Anstiftung und die Bedrohung bilden eine prozessuale Tat (§ 264 Abs. 1 StPO). Steht der Verurteilung wegen Anstiftung zur schweren räuberischen Erpressung der Strafklageverbrauch entgegen?

Genau, so ist das!

Da das Gericht das Verfahren hier ausdrücklich nach § 154 Abs. 2 StPO einstellte, erstreckt sich die Einstellung auf die gesamte prozessuale Tat. Dies bedeutet Strafklageverbrauch, denn zur Wiederaufnahme des Verfahrens hätte es eines Gerichtsbeschlusses bedurft (§ 154 Abs. 5 StPO). Das gilt auch, wenn das Gericht irrtümlich nach § 154 Abs. 2 StPO einstellt. Der Irrtum des Gerichts ändert nichts daran, dass es eine Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO beschlossen hat. Auch eine inhaltlich rechtsfehlerhafte gerichtliche Entscheidung hat grundsätzlich bis zu ihrer Korrektur oder Beseitigung in dem dafür vorgesehenen Verfahren Bestand. Stellt dagegen die Staatsanwaltschaft ein, kann diese das Verfahren auch konkludent wieder aufnehmen (vgl. § 154 Abs. 1, 5 StPO).

3. Das Revisionsgericht hebt das Urteil auf und stellt das Verfahren ein (§ 354 Abs. 1 StPO).

Ja, in der Tat!

Da eine Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO vorlag, war ein Wiederaufnahmebeschluss (§ 154 Abs. 5 StPO) für die Verurteilung wegen räuberischer Erpressung (§§ 253 Abs. 1, 255, 250, 26 StGB) Verfahrensvoraussetzung. Dieser hat nicht vorgelegen, sodass das Verfahren einzustellen ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

KAT

kathahh

21.8.2024, 16:43:19

Nach einer anderen Ansicht (vertreten auch von M/G) soll bei irrtümlicher Einstellung nach 154 anstelle von 154a das weitere Verfahren sich nach der tatsächlich anzuwendenden Vorschrift richten und nicht nach der irrig angenommenen. Wie verhält man sich dazu? Stellt man nur auf den fehlenden Beschluss ab?


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