Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Widerklage

Widerklage: Beispielsfall mit verschiedenen Sachverhalten

Widerklage: Beispielsfall mit verschiedenen Sachverhalten

8. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G glaubt, Nachbarin N habe am 15.10. seinen Gartenzwerg (Wert: €300) mit einem Fußball zertrümmert und klagt auf Schadensersatz. N sagt: „An dem Tag war ich im Urlaub.“ Sie verlangt widerklagend €50. Sie erklärt: „Ich habe G am 05.12. auf dem Weihnachtsmarkt €50 geborgt.“ G sagt: „Es waren nur €20.“

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Einordnung des Falls

Widerklage: Beispielsfall mit verschiedenen Sachverhalten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Tatbestand wird in der Regel mit einem Einleitungssatz eingeleitet, der das Ziel von Klage und Widerklage widergibt.

Ja, in der Tat!

In dem Einleitungssatz sollte dargelegt werden, was Kläger und Beklagter mit Klage und Widerklage begehren. Der Kläger begehrt Schadensersatz für einen beschädigten Gartenzwerg. Mit ihrer Widerklage begehrt die Beklagte die Rückzahlung eines Darlehens.
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2. Es ist unstreitig, dass Gs Gartenzwerg am 15.10 mit einem Fußball von N beschädigt wurde und ein Schaden von €300 entstanden ist.

Nein!

Sofern Klage und Widerklage wie hier auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten beruhen, werden sie im Tatbestand weitgehend getrennt und nacheinander abgehandelt. Beim unstreitigen Sachverhalt gilt wie üblich, dass nur derjenige Parteivortrag aufzuführen ist, der von der jeweils anderen Partei nicht bestritten wurde. Vorliegend glaubt G, dass N seinen Gartenzwerg zerstört habe. Dies bestreitet N konkludent, indem sie erklärt, dass sie an besagtem Tag im Urlaub war. Dass N Schädiger des Gartenzwergs ist, gehört somit als Behauptung des G zum streitigen Klägervortrag zur Klage. Die Umstände, wann und wie der Gartenzwerg zerstört wurde sowie dessen Wert sind dagegen unstreitig. Am 15.10. wurde Gs Gartenzwerg im Wert von €300 durch einen Fußball zerstört.

3. Die Behauptung, dass N es gewesen sei, der den Fußball geschossen habe, gehört zum streitigen Klägervorbringen.

Genau, so ist das!

Sofern Klage und Widerklage wie hier auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten beruhen, werden sie im Tatbestand weitgehend getrennt und nacheinander abgehandelt. Bezüglich der Klage ist der vom Beklagten bestrittene Klägervortrag anzuführen, hinsichtlich dem der Kläger darlegungs- und beweisbelastet ist. Vorliegend glaubt G, dass N seinen Gartenzwergs zertrümmert hat. Dies bestreitet N konkludent, indem er erklärt, dass er an besagtem Tag im Urlaub gewesen sei. Dass N der Schütze des Fußballs und Schädiger des Gartenzwergs ist, gehört somit als Behauptung des G zum streitigen Klägervortrag zur Klage. N behauptet, dass N es gewesen sei, die seinen Gartenzwerg mit einem Fußball zertrümmert habe.

4. Nach dem streitigen Klägervorbringen sind hier vorliegend die vier Anträge zur Klage und Widerklage aufzuführen.

Nein, das trifft nicht zu!

Sofern Klage und Widerklage wie hier auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten beruhen, werden sie im Tatbestand weitgehend getrennt und nacheinander abgehandelt. Dies gilt auch für die Anträge. Im ersten Teil des Tatbestands zur Klage sind daher nur der Klageantrag und der Klageabweisungsantrag aufzuführen. “Der Kläger beantragt, …“; „Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.“

5. In den streitigen Beklagtenvortrag zur Klage gehört die Behauptung, dass N dem G €50 geliehen habe.

Nein!

Sofern Klage und Widerklage wie hier auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten beruhen, werden sie im Tatbestand weitgehend getrennt und nacheinander abgehandelt. Dies bedeutet, dass beim streitigen Beklagtenvortrag zur Klage die Widerklage noch nicht erwähnt wird.Somit ist an dieser Stelle noch nicht zu erwähnen, dass N behauptet, er habe dem G €50 geliehen. Vielmehr ist nur sein qualifiziertes Bestreiten in Bezug auf die Klage darzulegen. Streitiger Beklagtenvortrag zur Klage: „N behauptet, sie sei am 05.12. im Urlaub gewesen“.

6. Beruhen Klage und Widerklage auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten, empfiehlt sich im Tatbestand ein Überleitungssatz, um beide Teile voneinander zu trennen.

Genau, so ist das!

Überleitungssatz: „Mit ihrer Widerklage begehrt die Beklagte die Rückzahlung eines Darlehens.“

7. Folgende Tatsachen sind im Hinblick auf die Widerklage unstreitig: N hat dem G Geld „geborgt“, Zeit: 05.12., Ort: Weihnachtsmarkt.

Ja, in der Tat!

N gab G am 05.12. auf dem Weihnachtsmarkt ein zinsloses Darlehen. Die genaue Höhe ist zwischen den Parteien streitig.Sofern ein Aspekt (Geldforderung, Schadensersatz...) nur der Höhe, nicht aber dem Grunde nach streitig ist, so gehört dies ins Unstreitige. Dass hier bezüglich der Höhe noch Klärungsbedarf besteht, kann man dann durch den zweiten Satz „ankündigen“.

8. In den streitiger Beklagtenvortrag zur Widerklage gehört Ns Behauptung, sie habe G einen Geldbetrag in Höhe von €20 geborgt.

Nein!

N behauptet, dass sie €50 geborgt hat. Es ist G, der behauptet, es seien nur €20 gewesen. N behauptet, sie habe G einen Geldbetrag in Höhe von €50 „geborgt“.

9. Es sind 2 Widerklageanträge hintereinander aufzuzählen.

Genau, so ist das!

„Widerklagend beantragt der Beklagte,…“ „Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.“

10. Den streitigen Klägervortrag zur Widerklage kann man weglassen, da G lediglich „einfach“ bestritten hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Einfaches Bestreiten liegt vor, wenn der Tatsachenvortrag lediglich verneint wird. Qualifiziertes Bestreiten liegt vor, wenn der Gegner sich nicht auf die Verneinung beschränkt, sondern eine Gegendarstellung abgibt. Bei qualifiziertem Bestreiten ist der betreffende Sachvortrag auf beiden Seiten darzustellen, sodass für jede Seite deren Schilderung des Geschehens wiedergegeben wird.G hat hier den Sachverhalt nicht einfach bestritten, sondern konkret ausgeführt, er habe nur €20 erhalten.G behauptet, N habe ihm nur €20 geborgt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SAUFE

Saufen_Fetzt

5.1.2023, 00:35:42

Finde ich eher abwegig. Hier wird es ja dann an der Konnexität fehlen, wenn der Bekl nicht zumindest hilfsweise die Aufrechnung erklärt. Sowas kommt ja in der Klausur eher unwahrscheinlich dran, weil witzlos, das in der Zulässigkeit dann scheitern zu lassen. Der AG Leiter von diesem AG Zivilrecht Podcast hat das mE da ganz gut auf den Punkt gebracht: wenn ich wirklich denke, dass ich den TB da getrennt aufbauen soll, sollte ich mir dringend Gedanken um die Konnexität machen. Aber wenn es hier (wie ich meine) nur um die Darstellung des Prinzips geht, alles klar.

SAUFE

Saufen_Fetzt

5.1.2023, 01:15:37

(Vorbehaltlich eine rügelosen Einlassung natürlich)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.1.2023, 09:47:49

Lieben Dank für den Hinweis, Saufen_Fetzt! In der Tat ist der Sachverhalt hier etwas konstruiert und würde so nicht 1:1 in einer Examensklausur auftauchen. Denn in der Tat würde es hier dann an der notwendigen Konnexität fehlen. Wie Du schon richtig ausgeführt hast, kommt ein solcher getrennter Sachverhalt in der Regel aber in Konstellationen vor, in denen der Beklagte die (Hilfs-)aufrechnung erklärt und zudem (Hilfs)

widerklage

erhoben hat, da in diesem Fall dann die notwendige Konnexität über die Aufrechnung vermittelt wird. Dies haben wir an dieser Stelle (noch) nicht beleuchtet, um erst einmal die Grundstrukturen des Tatbestandsaufbaus darzustellen :-). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

SAUFE

Saufen_Fetzt

3.3.2023, 09:41:53

Fair. Hatte auch mal im Klausurenkurs letzt so ein absurdes Ding, da habe ich tatsächlich sogar getrennt aufgebaut; Korrektorin fand’s gut, also soll vorkommen 😃


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