Öffentliches Recht

VwGO

Fortsetzungsfeststellungsklage

Statthaftigkeit der FFK bei Verpflichtungskonstellation mit Erledigung VOR Klageerhebung: doppelt analoge Anwendung

Statthaftigkeit der FFK bei Verpflichtungskonstellation mit Erledigung VOR Klageerhebung: doppelt analoge Anwendung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Apfelweinverkäuferin A beantragt die Zulassung ihres Standes auf dem Sommerfest der Gemeinde G. Ihr Antrag wird eine Woche vor dem Sommerfest abgelehnt. Noch bevor A die Verpflichtungsklage erheben kann, ist das Sommerfest vorbei.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit der FFK bei Verpflichtungskonstellation mit Erledigung VOR Klageerhebung: doppelt analoge Anwendung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Statthaft ist die Verpflichtungsklage, wenn der Kläger den Erlass eines Verwaltungsakts begehrt. Die Zulassung von As Stand wäre ein Verwaltungsakt.

Genau, so ist das!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Begehrt der Kläger den Erlass eines Verwaltungsakts, ist die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft. Die Merkmale eines Verwaltungsakts sind in § 35 S. 1 VwVfG festgehalten. Ein Zulassungsbescheid hätte die Rechtsfolge, dass A (= Einzelfall) ihren Stand auf dem Fest aufbauen darf (= Regelung). Der Bescheid würde von der Behörde B auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (§§ 69ff. GewO) mit Außenwirkung erlassen werden. Es würde sich um einen klassischen Verwaltungsakt handeln. Liegt ein Verwaltungsakt so offensichtlich vor, kannst Du das noch knapper feststellen.
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2. As Standgenehmigung für das Sommerfest hätte sich mittlerweile erledigt.

Ja, in der Tat!

Die Fortsezungsfeststellungsklage ist unter anderem dann statthaft, wenn sich der ursprünglich begehrte Verwaltungsakt zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits erledigt hätte, wenn er erlassen worden wäre (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog). Die begehrte Genehmigung hätte As Apfelweinstand auf dem Sommerfest zugelassen. Nach dem Sommerfest hätte sich diese zeitlich begrenzte Genehmigung erledigt. Der Erlass der Genehmigung ist mit Beendigung des Sommerfests nicht mehr sinnvoll. Diese Konstellation ist eng verwandt mit dem in § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO unmittelbar geregelten Fall, dass sich der angefochtene Verwaltungsakt nach Klageerhebung erledigt.

3. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist nur statthaft, wenn sich das Verpflichtungsbegehren nach Klageerhebung erledigt.

Nein!

§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO findet analoge Anwendung für den Fall, dass sich ein Verpflichtungsbegehren nach Klageerhebung erledigt hat. Parallel zu der Möglichkeit, in der Anfechtungssituation eine Fortsetzungsfeststellungsklage bei Erledigung des Verwaltungsakts vor Klageerhebung erheben zu können, ist dies auch in der Verpflichtungssituation möglich. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage kommt damit auch in Betracht, wenn sich ein Verpflichtungsbegehren vor Erhebung der Verpflichtungsklage erledigt hat (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog). Diese Konstellation wird oft unter dem Begriff der „doppelten Analogie“ des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO besprochen. Dieser Begriff ist aber untechnisch, denn es kann keine doppelt analoge Anwendung einer Norm geben.

4. As ursprüngliches Verpflichtungsbegehren hat sich erledigt, bevor A klagen konnte. Statthaft ist deswegen die Fortsetzungsfeststellungsklage.

Genau, so ist das!

Hätte sich der begehrte Verwaltungsakt mittlerweile erledigt, wenn er erlassen worden wäre, kann die erhobene Verpflichtungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt werden. Diese richtet sich dann auf die Feststellung, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Antrags einen Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakt gehabt hätte. Die Fortsetzungsfeststellungsklage kommt auch in Betracht, wenn sich das Klagebegehren vor Erhebung der Klage erledigt hat (sog. „doppelte Analogie“ des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO). A kann die Fortsetzungsfeststellungsklage gerichtet auf die Feststellung, dass sie einen Anspruch auf Genehmigung ihres Standes auf dem Sommerfest gehabt hätte, erheben (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

robse27

robse27

11.7.2024, 18:44:00

Bitte im letzten Subsumtionskasten das „analog“ ändern auf „doppelt analog“ (wie richtigerweise im Maßstabskasten drüber). Danke und LG :)

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

16.7.2024, 09:52:54

Hallo @[robse27](211434), danke für Deine Anmerkung. Der Begriff der „doppelten Analogie“ ist untechnisch und wird vor allem verwendet, um deutlich zu machen, welche Konstellation der FFK vorliegt (siehe hierzu auch Hinweis 3). Man sollte daher zwischen dem Begriff und dem Normzitat unterscheiden: Man kann in der Klausur davon sprechen, dass eine „sog. doppelte Analogie“ gebildet wird. Die Norm selbst kann aber streng genommen nicht „doppelt“ analog angewendet werden. Sie wird entweder direkt oder eben analog zitiert. Dass sich die Analogie auf mehrere Aspekte bezieht, ist für das Zitat der Norm irrelevant. Es ist daher jedenfalls nicht falsch und m.E. vorzugswürdiger, wenn man „nur“ § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog schreibt (vgl. hierzu z.B. auch die Formulierung in einer Falllösung in der JA 2017, 198, RdNr. 201). Ich hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team.


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