Ausnutzungstatbestand Raub

12. Juli 2025

5 Kommentare

4,8(5.103 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T hält dem O eine geladene Schusswaffe an den Kopf und zwingt ihn, sich in den Kofferraum seines Fahrzeugs zu legen. Er beabsichtigt, dem O sodann dessen Goldring aus Angst um seine Gesundheit mühelos abnehmen zu können. O wehrt sich aus Angst nicht gegen die Wegnahme.

Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Ausnutzungstatbestand Raub

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat sich des O "bemächtigt" (§ 239a Abs. 1 Alt. 2 StGB)

Ja!

Der Täter bemächtigt sich einer anderen Person, wenn er die physische Herrschaft über diese gewonnen hat. Hier hat der T über den O die körperliche Herrschaft durch das Vorhalten der Waffe und das Einsperren erlangt, da er dadurch beliebig über diesen verfügen konnte.
BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.-Wissen in 5min testen
Teste mit Jurafuchs kostenlos dein BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.-Wissen in nur 5 Minuten.

2. T hat sich hier des O bemächtigt, um die Sorge um Os Wohl zu einem Raub auszunutzen.

Genau, so ist das!

Die Vorschrift verlangt neben dem sog. Ermächtigungstatbestand auch einen Ausnutzungstatbestand. Damit soll ein Zusammenhang zwischen dem Ermächtigungstatbestand und der angestrebten Opferhandlung bestehen. Hier hat sich der T des O jedoch gerade dazu bemächtigt, um die Sorge über dessen Wohl zu einem Raub auszunutzen. Da der Wortlaut jedoch vom Ausnutzen einer Erpressung spricht, ist die Behandlung strittig. Nach Ansicht des BGH ist ein erpresserischer Menschenraub in dieser Konstellation zu bejahen (laut BGH ist der Raub ein Spezialfall der räuberischen Erpressung). Die Literatur würde dies ablehnen, könnte jedoch bei Vorliegen einer Drohung zu einer Strafbarkeit nach § 239b StGB kommen, ansonsten kämen Strafbarkeiten wegen Nötigung, Freiheitsberaubung und der schwere (versuchte) Raub in Betracht.
Dein digitaler Tutor für Jura
Rechtsgebiet-Wissen testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PETE

Peter

11.7.2023, 10:06:04

Wichtige Aufgabe! Diese Fragestellung war mit ein Schwerpunkt in einer AG-

Revisionsklausur

bei uns 🤓🫡

MAG

Magnum

15.4.2025, 15:59:09

Ich hätte zwei Fragen: Hier ist doch dann regelmäßig der Streit zu führen, ob es sich um einen Raub oder eine räuberische

Erpressung

handelt oder? Und außerdem wäre doch auch der Streit einschlägig, ob hierbei eine stabilisierte Nötigungslage vorliegt. Liege ich da richtig? Falls ja, wäre es natürlich Klasse das zumindest in der Lösung anzudeuten.

_Andor_

_Andor_

1.5.2025, 11:39:11

In der Tat. Ergänzender Hinweis: Es bietet sich an (so schlägt es etwa Rengier vor), die Prüfung von Raub bzw. räuberischer

Erpressung

vor § 239a vorzunehmen, damit man sich eine Inzidentprüfung spart. Sollte man auf einen Raub kommen, kann dann zügig abgehandelt werden, ob auch dieser von § 239a erfasst ist oder nicht. So verlagert man die Streite etwas, was zur Übersichtlichkeit beitragen kann.

OKA

okalinkk

7.6.2025, 16:13:21

249, 250 II Nr 1 Rspr: Raub (+), da nach äusserem Erscheinungsbild „Wegnahme“ vorliegt, somit kein tatbestandsausschliessendes Einverständnis. Literatur: Raub (+), da kein Rest an Freiwilligkeit, sondern Zwang, sodass kein tatbestandsausschliessendes Einverständnis. Nur nach BGH noch zusätzlich: 253 I, 255, 250 II Nr 1 StGB. Nicht nach Literatur, da keine freiwillige Vermögensverfügung. Streitentscheid nötig. 239a I Var 1: Objektiver Tb

Sich bemächtigen

eines anderen Menschen (+). Subjektiver Tb Vorsatz (+) P: Absicht die Sorge des Dritten um sein Wohl zu einer

Erpressung

auszunutzen: Nach Literatur schon nicht möglich, da nur Raub und nicht

Erpressung

vorliegt. Nach BGH grds möglich, da Raub ein Spezialfall der räuberischen

Erpressung

ist. Allerdings fehlt es nach BGH dann wohl an der stabilen Bemächtigungslage, da Sich-Bemächtigen und qualifizierte Nötigungshandlung (Schiess

drohung

) in einem Akt zusammenfallen. Ist das so korrekt?

MIC

Michmich

10.6.2025, 11:24:36

Sehe ich auch so. Wenn der Ermächtigungssituation keine eigenständige Bedeutung zukommt dann 239 a I Hs. 1 Alt. 1 StGB (-)


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Rechtsgebiet-Wissen testen