Klagefrist (§ 74 VwGO): Berechnung der Klagefrist


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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K hat Widerspruch gegen die Nutzungsuntersagung seines Hauses durch die Baubehörde erhoben. Der Widerspruchsbescheid, mit dem die Nutzungsuntersagung bestätigt wird, wird am 10.01. per Übergabeeinschreiben zur Post gegeben. K erhebt am 14.02. Klage.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Klagefrist richtet sich nach § 74 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Ja, in der Tat!

Für die Anfechtungsklage gilt eine Monatsfrist. Die Anfechtungsklage ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids zu erheben (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwGO). Ist ein Widerspruch nach § 68 VwGO nicht erforderlich, ist die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts, der angefochten werden soll, zu erheben (§ 74 Abs. 1 S. 2 VwGO). Da der Fristbeginn an ein Ereignis anknüpft (Zustellung bzw. Bekanntgabe), handelt es sich um eine sog. Ereignisfrist.

2. Die Berechnung der Klagefrist richtet sich nach den Normen des Zivilrechts.

Ja!

Die Berechnung der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwGO) richtet sich nach § 57 Abs. 1 und 2 VwGO. § 57 Abs. 2 VwGO verweist auf die Vorschriften des Zivilrechts (§§ 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).

3. Die Klagefrist begann vorliegend am 13.01.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Fristlauf beginnt mit dem Tag, der auf das Ereignis folgt, durch das die Frist in Gang gesetzt wird (§ 187 Abs. 1 BGB). Das Ereignis ist die Zustellung des Widerspruchsbescheids (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Frist beginnt somit am Tag nach der Zustellung. Da die Zustellung am 13.01. erfolgte, begann die Frist am 14.01. um 0 Uhr.

4. Die Klagefrist endet am 14.02. K's Klage war daher fristgemäß.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Frist endet mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche bzw. des letzten Monats der Frist, welcher dem Tag entspricht, in den das Ereignis des Fristbeginns fällt (§ 188 Abs. 2 BGB). Bei der Monatsfrist entspricht der Tag des Fristendes dem Tag, an dem das die Frist auslösende Ereignis stattfand. Das die Frist auslösende Ereignis ist die Zustellung. Diese erfolgte am 13.01. Daher endete die Monatsfrist (§ 74 Abs. 1 S. 1 VwGO) am 13.02. um 24 Uhr. K reichte die Klage erst am 14.02. ein. Die Klage ist verfristet und als unzulässig abzuweisen.

5. Wird der Widerspruchsbescheid mittels Übergabeeinschreiben zugestellt, wird angenommen, dass die Zustellung am dritten Tag nach der Aufgabe bei der Post erfolgte.

Ja!

Die Zustellung des Widerspruchsbescheids erfolgt von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes (VwZG) (§ 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Am relevantesten ist die Zustellung durch die Post mittels Einschreiben mit Rückschein (§ 4 Abs. 1 Alt. 2 VwZG) oder häufiger mittels Einschreiben durch Übergabe (§ 4 Abs. 1 Alt. 1 VwZG). Bei einer solchen Zustellung gilt der postalisch zugestellte Bescheid mit dem dritten Tag nach der Aufgabe bei der Post als zugestellt (gesetzliche Fiktion), es sei denn, dass er nachweislich nicht oder später zugegangen ist (§ 4 Abs. 2 S. 2 VwZG; ähnlich § 41 Abs. 2 VwVfG). Unerheblich ist, ob er früher zugeht. Die Zustellung erfolgte am 13.01.

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TJU

Tr(u)mpeltier junior

3.12.2020, 10:14:08

Zwei kleine Anmerkungen: 1. Auch hier müsste es wohl Widerspruch erheben im SV heißen (Heringe legt man ein.... ;-)). 2. Der Hinweis bzgl der zustellfiktion ist mE nach etwas pauschal, da man auf die Idee kommt, dass auch das einschreiben mit Rückschein darunter fällt. Bei diesem kommt es zunächst aber auf das im Rückschein eingetragenen Datum an (4 Abs. 2 S. 1 vwzg). Dieses kann somit vor der Zustellfiktion liegen. Nur wenn dieser verloren gegangen ist oder der beweis Wert entkräftet wurde,

TJU

Tr(u)mpeltier junior

3.12.2020, 10:15:47

stellt man auf die Fiktion ab. Für den Fall war dies natürlich unerheblich, da es hier um das Übergabe einschreiben ging. Da ihr aber auch auf das einschreiben mit Rückschein Bezug genommen habt, könnte man das ggf klarstellen.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

6.12.2020, 18:55:38

Hallo TJ, danke für den Hinweis, haben wir korrigiert!

DIAA

Diaa

15.7.2023, 09:40:07

Ich verstehe gerade nicht, wieso hier die Fristeinhaltung abgelehnt wird? Der Widerspruchsbescheid wurde doch per Übergabeschreiben erst am 10 bei der Post abgegeben, d.h. hier gelten die Vorschriften des VwZG oder? Also beginnt die Frist erst am 13 zu laufen. Wieso wird hier auf zivilrechtliche Normen abgestellt?

DIAA

Diaa

15.7.2023, 09:43:53

NM, hat sich erledigt, danke trotzdem :)

Denislav Tersiski

Denislav Tersiski

27.12.2023, 18:01:06

Darf man wirklich von 24 Uhr reden? Ist es nicht so, dass manche Korrektoren das anstreichen würden, da es 24 Uhr naturwissenschaftlich nicht gibt?

TI

Timurso

29.12.2023, 11:00:54

Bei der Fristberechnung spricht man von 24 Uhr ja. Damit signalisiert man das Ende des Tages. 0 Uhr des Folgetages ist dagegen der Beginn des Tages. Auch wenn naturwissenschaftlich nichts dazwischen liegt, ist es angezeigt, in der Klausur 24 Uhr zu benutzen.

LELEE

Leo Lee

30.12.2023, 21:18:27

Hallo Denislav Tersiski, das kannst du so oder so handhaben. Wichtig ist nur, dass du klarmachst, dass eine Frist mit Ablauf eines Tages/mit Beginn eines Tages endet/beginnt. Ob da 24 Uhr oder 0 Uhr steht, ist für die allermeisten Korrektoren nicht von Belangt (zumindest habe ich noch nie davon gehört, dass eine Fristberechnung deshalb als „falsch“ angemerkt wurde) :). Einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht dir das Jurafuchsteam!


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