(Fall) Erbrecht - Schutz als Individualrecht (Art. 14 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG)


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Multimilliardärin M setzt den ihr vertrauten Künstler K in einem formgültigen notariellen Testament als Alleinerben ein. Der charmante Günstling ist Tochter T ein Dorn im Auge.

Einordnung des Falls

(Fall) Erbrecht - Schutz als Individualrecht (Art. 14 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M kann K als Alleinerben einsetzen.

Ja!

Art. 14 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG gewährleistet das Erbrecht (1) als Rechtsinstitut und (2) als Individualrecht. Die Individualrechtsgarantie beinhaltet (a) die Privaterbfolge, (b) die Testierfreiheit und (c) das Familienerbrecht. Die Privaterbfolge garantiert den Fortbestand des Privateigentums auch für den Fall des Todes des Eigentümers. Die Testierfreiheit sichert die Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Tod hinaus (Schutz der individuellen Freiheit, Art. 2 Abs. 1 GG). Als Eigentümerin kann M im Rahmen ihrer Testierfreiheit den K als Alleinerben einsetzen.

2. T erbt dann im Wege der gesetzlichen Erbfolge.

Nein, das ist nicht der Fall!

Art. 14 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG gewährleistet das Erbrecht (1) als Rechtsinstitut und (2) als Individualrecht. Die Individualrechtsgarantie beinhaltet (a) die Privaterbfolge, (b) die Testierfreiheit und (c) das Familienerbrecht. Die Testierfreiheit sichert die Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Tod hinaus. Aus ihr ergibt sich der Vorrang der "gewillkürten Erbfolge", einfachgesetzlich verankert in den §§ 1937f., 1941 BGB. M hat K als Alleinerben eingesetzt. Ob T im Rahmen der (subsidiären) gesetzlichen Erbfolge Erbin wäre, ist nicht von Belang.

3. T geht im Erbfall leer aus.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Individualrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG beinhaltet (a) die Privaterbfolge, (b) die Testierfreiheit und (c) das Familienerbrecht. Das Familienerbrecht (Verwandtenerbrecht) unserer Rechtskultur bezweckt Generationensolidarität (Schutz der Ehe und Familie, Art. 6 Abs. 1 GG). Die Garantien Testierfreiheit und Familienerbrecht kollidieren, wenn der Erblasser Angehörige von der Erbfolge ausschließt. Das Pflichtteilsrecht sichert engsten Familienangehörigen eine Mindestbeteiligung am Erbe. T hat einen schuldrechtlichen Anspruch gegen K auf Auszahlung ihres Pflichtteils (§ 2303 Abs. 1 BGB).

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frausummer

frausummer

7.5.2021, 07:20:38

Die vorletzte Frage verstehe ich nicht ganz. Wenn K Alleinerbe sein soll und T damit nur der Pflichtteil zusteht, erbt sie doch gesetzlich?

Tigerwitsch

Tigerwitsch

7.5.2021, 09:17:08

ME stellt der Pflichtteil eine „Kompromisslösung“ zwischen dem gesetzlichen Familienerbrecht und der völligen Testierfreiheit dar. Rechtspolitisch wird der Pflichtteil aufgrund folgender Funktionen begründet: - Sicherung des Unterhalts (Versorgungscharakter des Pflichtteils) - Mindestteilhabe (Vermögensverteilungscharakter des Pflichtteils) - Ausdruck familiärer Solidarität (Familiengebundenheit des Vermögens) Siehe nur Lange, in: MüKO BGB, 8. Auflage 2020, § 2303 Rn. 8ff.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

7.5.2021, 09:25:28

Hallo frausummer, das ist in der Tat leicht misszuverstehen. In der vorletzten Frage geht es im Kern darum, ob sie in Höhe ihres eigentlichen gestezlichen Erbteils erbt bzw. ob sie trotz der Einsetzung des K noch "Erbin" ist. Dies ist nicht der Fall. Insofern geht ihr Anteil auch nicht im Wege der Universalsukzession auf sie über (§ 1922 Abs. 1 BGB). Vielmehr steht ihr nur der schuldrechtliche Pflichtteilsanspruch gegenüber K zu, der lediglich die Hälfte ihres eigentlichen Erbteils ausmacht (§ 2303 Abs. 1 BGB). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

lexfoxi🦊

lexfoxi🦊

15.6.2021, 19:30:10

Und wenn ihr euch schon einmal gefragt habt, wie man den Pflichtteil umgehen kann: im österreichischen Recht geht das. Und wenn man zum Todeszeitpunkt dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hatte, schickt einen die EuErbVO auch über ein paar Ecken in das österreichische Sachrecht. :)

BIE

Biene1705

12.8.2022, 16:20:42

Die Antwort “sie geht leer aus” als falsch zu bezeichnen, ist etwas ungenau, da sie ihren Pflichtteil ja nicht automatisch kriegt sondern erst geltend machen muss. Vielleicht könnt ihr das etwas umformulieren :)

Nora Mommsen

Nora Mommsen

13.8.2022, 11:23:04

Hallo Biene1705, danke für die Anregung, wir haben uns die Frage nochmal angeschaut. Auch im Erbfall muss man als Erbe ja durchaus einige Arbeit investieren, bis man tatsächlich Zugriff auf das Erbe erlangt. Zwar muss man den Pflichtteil geltend machen, allerdings hat man dennoch die Chance auf einen Teil des Nachlasses. Man geht also nicht "leer aus". Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

PAUC

Paul Coy

14.2.2023, 17:41:58

Alleine durch Erlangen des Anspruchs ist man ja bereits nicht leer ausgegangen.


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