ZVR / V-Mann

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Drogenbaron D versorgt ganz Berlin mit Heroin. Im Rahmen der Ermittlungen wird sein Bruder B von der Staatsanwältin S vernommen. B beruft sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht. Deshalb setzt S den V-Mann V ein. In einem Gespräch mit V macht B detaillierte Angaben zu den Drogengeschäften des D. D wird daraufhin angeklagt, B verweigert auch in der Hauptverhandlung das Zeugnis.

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Einordnung des Falls

ZVR / V-Mann

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Im Falle einer Vernehmung des B darf V nicht als Zeuge vom Hörensagen vernommen werden.

Ja!

Der Unmittelbarkeitsgrundsatz verbietet nicht die Vernehmung von Zeugen vom Hörensagen, dh von Zeugen über fremde Äußerungen. Jedoch darf die Aussage eines erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machenden Zeugen nicht verlesen werden (§ 252 StPO). Über den Wortlaut hinaus folgt aus § 252 StPO ein allgemeines Verwertungsverbot: Das Verbot der „Verlesung“ in § 252 StPO schließt auch jede „Verwertung“ aus, jedenfalls sofern sich um eine nichtrichterliche Vernehmung handelt. S vernimmt als nichtrichterliche Verhörsperson.
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2. Das allgemeine Verwertungsverbot des § 252 StPO gilt auch bei Spontanäußerungen.

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 252 StPO gilt nicht nur für förmliche Vernehmungen, sondern auch für vernehmungsähnliche Situationen wie informatorische Befragungen durch die Polizei. Eine solche vernehmungsähnliche Situation liegt jedoch nach hM grundsätzlich nicht vor bei Spontanäußerungen sowie bei Gesprächen mit V-Leuten. Denn § 52 StPO soll den Zeugen vor dem Konflikt zwischen der Wahrheitspflicht in einer Vernehmungssituation einerseits und seiner familiären Bindung andererseits schützen. Dieser Konflikt besteht aber nicht, wenn der Zeuge freiwillige Angaben gegenüber einer Person mache, die ihm gerade nicht in amtlicher Eigenschaft entgegentritt.

3. V kann hier als Zeuge vom Hörensagen vernommen werden.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach hM ist das Verwertungsverbot des § 252 StPO bei Gesprächen mit V-Leuten grundsätzlich nicht einschlägig, da es sich nicht um eine Vernehmung oder vernehmungsähnliche Situation handelt und hier kein Aussagezwang besteht. Eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn der Dritte den Zeugen auf staatliche Veranlassung hin befragt, um ein zuvor ausgeübtes Zeugnisverweigerungsrecht zu umgehen. Eine derartige Beweiserhebung ist analog § 252 StPO unzulässig, da der Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt wird. V wurde hier nach der Zeugnisverweigerung zu Umgehungszwecken eingesetzt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Tigerwitsch

Tigerwitsch

7.3.2021, 12:08:13

Was ist denn genau der Unterschied zur (zulässigen)

Hörfalle

? Dort wird ein Dritter auch auf staatliche Veranlassung auf den Beschuldigten angesetzt. Wieso wird das nicht auch auf den V-Mann übertragen bzw. umgekehrt?

Speetzchen

Speetzchen

9.3.2021, 19:35:34

Hey, hier geht es um die Umgehung des §

252 StPO

, d.h. um die Umgehung des Zeugnisverweigerungsrecht des Bruders. Bei der

Hörfalle

veranlasst die Ermittlungs

behörde

eine Privatperson, mit dem TATVERDÄCHTIGEN ohne Aufdeckung der Ermittlungsabsicht ein auf Erlangung von Angaben zum Untersuchsgegenstand gerichtetes Gespräch zu führen. § 252 ist ja weder direkt noch analog auf den Tatverdächtigen anzuwenden. Lg !

L.G

L.Goldstyn

18.7.2024, 10:42:54

Die erste Frage ist aus meiner Sicht leider sehr stark missverständlich. Es fand ja gerade eine Vernehmung des B statt, und zwar durch Staatsanwältin S. Es wäre schön, wenn man in der Frage klarmachen könnte, dass es hier um eine hypothetische Vernehmung des B durch V geht. Vielen Dank!

TI

Timurso

18.7.2024, 11:20:20

Meiner Meinung nach ist die Frage nicht missverständlich. Die Formulierung "Im Falle einer" macht für mich ausreichend deutlich, dass es um eine hypothetische Frage geht. Und V wird explizit in der Frage erwähnt. Eine Vernehmung des V als

Zeuge vom Hörensagen

zu der Vernehmung durch S würde gar keinen Sinn ergeben, da V bei der Vernehmung gar nicht anwesend war.


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