Strafrecht

Strafprozessrecht

Das Urteil

Tatbegriff, Umgestaltung der Strafklage

Tatbegriff, Umgestaltung der Strafklage

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Raser R hat bei einem Straßenrennen einen Menschen getötet. Er wird wegen Mordes angeklagt. Das Gericht kommt nach zwanzig Verhandlungstagen zu dem Ergebnis, dass R höchstens fahrlässig gehandelt hat.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Tatbegriff, Umgestaltung der Strafklage

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Gegenstand des Urteils ist alles, was in Tateinheit zueinander steht.

Nein, das trifft nicht zu!

Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete prozessuale Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt (§ 264 Abs. 1 StPO). Eine Tat im prozessualen Sinne ist das gesamte Verhalten des Beschuldigten, soweit es mit dem in der Anklage beschriebenen Sachverhalt nach allgemeiner Lebensauffassung einen einheitlichen, inhaltlich zusammenhängenden Vorgang bildet. Entscheidende Kriterien hierfür sind (1) Tatort, (2) Tatzeit, (3) Tatopfer und (4) Tatbild. Dieser Tatbegriff ist weiter als der materielle Tatbegriff. Faustformel: Bei Tateinheit (§ 52 StGB) liegt regelmäßig auch eine Tat im prozessualen Sinne vor. Bei Tatmehrheit i.S.v. § 53 StGB ist zu prüfen, ob die selbständigen materiellen Taten einen einheitlichen Lebensvorgang bilden.
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2. Das Gericht darf den R statt wegen der angeklagten Anstiftung auch wegen mittelbarer Täterschaft verurteilen.

Ja!

In der Hauptverhandlung können neue tatsächliche oder rechtliche Aspekte der Tat auftauchen. Das Gericht ist dann in der Beweiswürdigung (§ 261 StPO) und in der rechtlichen Würdigung der prozessualen Tat frei (§ 264 Abs. 2 StPO). Das Gericht darf die neuen Umstände berücksichtigen und die Strafklage umgestalten (§ 264 Abs. 2 StPO).

3. Der Angeklagte muss auf die neue rechtliche Bewertung hingewiesen werden.

Genau, so ist das!

Zwar darf Gericht darf die neuen Umstände berücksichtigen und die Strafklage umgestalten (§ 264 Abs. 2 StPO). Es wäre jedoch nicht fair, den Angeklagten (erst) im Urteil damit zu überraschen. Er muss auf diese neue Einschätzung durch das Gericht hingewiesen werden (§ 265 StPO) und kann ggf. verlangen, dass die Hauptverhandlung ausgesetzt (§ 228 StPO) und neu begonnen wird. Die Hinweispflicht dient dem Schutz vor Überraschungen und dem Interesse des Angeklagten, sich umfassend verteidigen zu können. § 265 StPO ("anderen ... Strafgesetzes") wird zu Gunsten des Angeklagten erweiternd ausgelegt und analog auf andere Fälle angewandt (Fahrlässigkeit statt Vorsatz, Tun statt Unterlassen usw.).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

13.1.2021, 14:56:58

Die erste Antwort klingt für mich so, als könnte im Urteil nur über eine und nicht über m

ehre

re Taten im prozessualen Sinn entschieden werden, das trifft aber mE nicht zu 🤔 Korrigiert mich gerne, wenn ich da etwas falsch verstehe!

t o m m y

t o m m y

13.1.2021, 15:24:55

yep, wenn die StA in einer anklage m

ehre

re

prozessuale tat

en anklagt (was sie kann, aber nicht muss), kann das eine urteil auch diese m

ehre

ren prozessualen taten zum gegenstand haben. hier wurde der genaue wortlaut von § 264 stpo (und vom gegenstueck § 1

55 stpo

) übernommen, wo das gesetz auch nur von 'der tat' spricht. damit ist aber nicht 'nur eine tat' gemeint sondern 'nur die taten, die angeklagt wurden' (=> die normen haben eine begrenzungsfunktion). der angeklagte kann seine berufung dann bspw grdd auch auf nur eine vom beiden prozessualen taten beschränken (§ 318 stpo)

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

13.1.2021, 15:50:17

Ok danke t o m m y ! Das deckt sich mit meinem Verständnis :)

lucylawless

lucylawless

12.2.2021, 19:18:02

Zwischendurch kommt eine Frage zu Anstiftung und Mittäterschaft, die sich meiner Meinung nach nicht wirklich in den SV einfügt, weil zur Begehungsform vorher nichts gesagt wurde.

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

13.2.2021, 07:39:27

Ich glaube, bei der Frage geht es nicht um die materielle Beurteilung des Sachverhalts sondern darum, inwieweit das Gericht von der Anklage abweichen darf :) m.E. reicht es deswegen, wenn sich die Info, dass wegen Anstiftung angeklagt wurde, aus der Frage selbst ergibt statt schon aus dem SV


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