Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Vorsätzliche Körperverletzung, § 223 StGB
Lokale Substanzschädigungen wie z.B. Beulen
Lokale Substanzschädigungen wie z.B. Beulen
2. April 2025
11 Kommentare
4,7 ★ (12.755 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A installiert in der Wohnung seiner Erzfeinde B und C einen selbstgebauten Sprengsatz. Bei der Explosion zieht sich B kleine Schnittverletzungen und Prellungen zu. C erleidet lediglich leichte Kratzer.
Diesen Fall lösen 79,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Lokale Substanzschädigungen wie z.B. Beulen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat eine Körperverletzungshandlung (§ 223 Abs. 1 StGB) vorgenommen, wenn er B und/oder C "körperlich misshandelt" oder "an der Gesundheit geschädigt" hat.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Schnittverletzungen und Prellungen des B stellen eine "körperliche Misshandlung" (§ 223 Abs. 1 Var. 1 StGB) dar.
Ja, in der Tat!
3. Die Kratzer des C stellen eine "körperliche Misshandlung" (§ 223 Abs. 1 Var. 1 StGB) dar.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Vulpes
3.8.2020, 21:40:19
Wenn ich jemandem eine Ohrfeige verpasse, der nur Rötungen davonträgt, aber deine sonstigen Schäden, dann ist das doch eine KV, oder? Da hätte ich meine Hand für ins Feuer gelegt, dass durch eine Ohrfeige eine KV verwirklicht wird.

Marilena
4.8.2020, 09:58:08
Hi Adrian, danke für Deine Frage! Eine Ohrfeige ist regelmäßig mit Schmerzzufügung verbunden. Und durch die Zufügung von Schmerzen ist das körperliche Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt, demnach liegt eine
körperliche Misshandlungvor, genau. Auf eventuelle anschließend auftretende Rötungen braucht man gar nicht abstellen. In dieser konkreten Aufgabe ging es aber eben um Rötungen und leichte Kratzer ohne Schmerzzufügung. Hoffe, der Unterschied ist verständlich. Liebe Grüße für das Jurafuchs-Team Marilena

Isabell
17.2.2022, 10:24:21
Für mich gibt die Frage die Oberflächlichkeit der Schnittverletzungen nichts her. Aus eigener Lebenserfahrung beim Schnippeln von Gemüse, dem Benutzen eines Rasiers, mit meinen Katzen und einem etwas ungeschickten Umgang mit Papier 😅 - kann ich nicht den Schluss ziehen, dass leichte Schnittverletzungen grds. erst einmal unerheblich sind.

Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat
17.6.2024, 12:19:00
Ich denke hierbei ist sehr auf den einzelnen Sachverhalt abzustellen. Ich hatte zB schon leichte Kratzer, ohne bemerkt zu haben, wie ich sie mir zugezogen habe. Das würde dann wohl nicht unter eine
körperliche Misshandlungsubsumiert werden, selbst wenn sie mir durch eine andere Person zugefügt wurden.

DeliktusMaximus
6.12.2024, 17:22:49
Sinn und Zweck des § 223 I StGB ist es, die körperliche Integrität eines Menschen zu schützen, oder? Demnach finde ich es verwunderlich, dass kleine Kratzer nicht als Körperverletzung gelten sollen.

Nils
30.3.2025, 23:12:27
Die Verletzung muss aber eben eine gewisse Erheblichkeit haben, um Bagatellen auszuschließen. Es gibt ja auch andere Bereichen Bagatell-Grenzen, z.B. 495a ZPO. Auch kann bei sehr geringen Streitwerten ein Rechtsschutzbedürfnis fehlen (FG Münster, Beschluss v. 30.5.2022, 15 V 408/22).
s.t.
10.8.2021, 17:43:22
Stellt das Ziehen an Haaren auch eine Körperverletzung dar ? An sich ist ja nicht eine körperliche Unversehrtheit vorliegend, allerdings könnte es unter Schmerzen subsumiert werden ?
gelöscht
1.9.2021, 20:00:31
Das Ziehen an Haaren ist mit Schmerzzufügung verbunden. Durch die Zufügung von Schmerzen ist das körperliche Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt, demnach liegt eine
körperliche Misshandlungvor.

DeliktusMaximus
6.12.2024, 17:21:17
Es gibt ein BGH Urteil, in dem ein Täter, der dem Opfer in einer Kneipe Zigarrettenqualm ins G
esicht geblasen hat, wegen § 223 I StGB verurteilt worden ist. Das kleine Kratzer als unerheblich gelten und nicht als Körperverletzung gelten, ist mir neu.
Leo Lee
8.12.2024, 08:41:32
Hallo Deliktusmaximus, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat könnte man auch anders argumentieren, insb. unter Verweis auf den Zigarettenqualm-Fall. Beachte allerdings, dass dieser Fall (der i.Ü. nicht vom BGH, sondern vom AG Erfurt entschieden wurde), nicht nur umstritten, sondern auch anders gelagert war. Denn hier lagt der Fokus auf dem tiefgreifenderen Gesundheitsaspekt, weil das Passivrauchen genauso schädlich ist wie das Aktivrauchen. Und mit Rauchen geht auch eine erhöhte Krebsgefahr einher, die nicht unbedingt vergleichbar ist mit kleinen Kratzern, die nach ein paar Tagen bzw. Wochen wieder verheilen (im Ggs. zum Rauch, wobei das natürlich umstritten ist, wenn nur gelegentlich passiv geraucht wird). Insofern ist bei kleinsten Kratzern die Unerheblichkeit eher zu verneinen, bei Zigarettenrauch hingegen ist es eher möglich, die Erheblichkeit zu bejahen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Nils
30.3.2025, 23:00:05
Tetanus-Bakterien, die Wundstarrkrampf verursachen können, finden sich z.B. in Erde und Staub und gelangen über kleinste, auch unscheinbare Verletzungen in den Körper. Schon eine kleine Schürfwunde, ein Stich an einem Dorn oder ein Holzsplitter im Finger können eine Tetanus-Infektion nach sich ziehen. Die eingedrungenen Bakterien vermehren sich und bilden im Körper ein Gift, das schwere Muskelkrämpfe hervorrufen kann. Es droht u.a. eine lebensgefährliche Verengung der Atemwege. https://www.impfen.de/impfungen/tetanus-wundstarrkrampf/