+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T zwingt die Ladeneigentümerin O unter Androhung eines empfindlichen Übels dazu, dass diese den Verkauf von Rauschgift in ihren Räumen duldet.

Einordnung des Falls

Absicht stoffgleichen Vermögensvorteils

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach dem BGH kommt der Besitz an den Räumen als Vermögensschaden der O in Betracht (§ 253 StGB).

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Genau, so ist das!

Ein Vermögensschaden liegt vor, wenn das Vermögen einer Person durch die Nötigung gemindert wird Der BGH musste die Frage nicht endgültig klären. Er hat aber einen möglichen Vermögensschaden in der „Duldung des Betäubungsmittelverkaufs in den Räumen” der O gesehen. Denn hierdurch könnte das Besitzrecht an den Vereinsräumen durch Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit und drohende behördliche Maßnahmen in vermögensmindernder Weise beeinträchtigt werden. Die Formulierung des BGH ist etwas unglücklich, weil der Schaden nicht allein in der Duldung liegen kann, sondern nur in deren Folge. Insoweit wird dann aber zutreffend eine Beeinträchtigung des Besitzrechts angenommen.

2. T handelte nach dem BGH bei der Drohung mit Bereicherungsabsicht hinsichtlich des Besitzes an den Räumen (§ 253 Abs. 1 StGB).

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Nein, das trifft nicht zu!

Bereicherungsabsicht ist die Absicht, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Zwar möchte T auch den Besitz an den Räumen und die Nutzungsmöglichkeit. Diese hätten aber nach Ansicht des BGH keinen eigenen Vermögenswert, sodass sich seine Absicht nicht darauf beziehe. Vielmehr liege der angestrebte Vermögensvorteil ausschließlich in den Gewinnen aus den Geschäften mit dem Rauschgift. Nur insoweit handele T mit Bereicherungsabsicht.Diese Einschätzung verwundert etwas, da der Besitz an den Räumlichkeiten durchaus als notwendiger Zwischenschritt und Vermögensvorteil erachtet werden kann, auf das sich die Bereicherungsabsicht bezieht.

3. Liegt nach dem BGH Stoffgleichheit zwischen Os Schaden und der von T angestrebten Bereicherung vor?

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Nein!

Stoffgleichheit liegt vor, wenn der Vorteil die Kehrseite des Schadens, mithin unmittelbare Folge der nötigungsbedingten Vermögensverfügung ist und dem Täter der Vorteil direkt aus dem geschädigten Vermögen zufließt. Nach dem BGH liegt die angestrebte Bereicherung in den Erlösen aus dem Rausmittelgeschäft. Diese stellen sich jedoch nicht „spiegelbildlich“ als den möglichen Schaden durch die Besitzbeeinträchtigung dar. Die Besitzbeeinträchtigung selbst soll hingegen für T keinen Vermögensvorteil darstellen. Damit scheidet eine Erpressung aus und es kommt nur eine Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) in Betracht. Der Fall entscheidet sich an der Frage der konkreten beabsichtigten Bereicherung der Tat.

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