Öffentliches Recht

Grundrechte

Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG)

Sozial- oder gemeinschaftsschädlich 1: Auftragsmord

Sozial- oder gemeinschaftsschädlich 1: Auftragsmord

2. April 2025

6 Kommentare

4,8(8.821 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Auftragsmörder A betreibt seit Jahren gewerbsmäßig einen professionellen Killerdienst: Er ermordet diskret andere Menschen für viel Geld. Als die Polizei seinem Treiben ein Ende setzen möchte, fühlt A sich in seiner Berufsfreiheit beeinträchtigt.

Diesen Fall lösen 87,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Sozial- oder gemeinschaftsschädlich 1: Auftragsmord

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Berufsbegriff des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und in ideeller und materieller Hinsicht der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient.

Genau, so ist das!

Richtig! Das ist die Definition des Berufsbegriffs des Art. 12 Abs. 1 GG. Der Berufsbegriff wird dabei denkbar weit verstanden. Der Berufsbegriff umfasst sowohl bekannte und etablierte Berufsbilder als auch frei gewählte, neu entstandene, untypische und frei erfundene Betätigungen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Wegen des denkbar weiten Verständnisses des Berufsbegriffes sind auch evident sozial- und gemeinschaftsschädliche Tätigkeiten - wie der Auftragsmord - vom sachlichen Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) erfasst.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Berufsbegriff wird zwar denkbar weit verstanden, der sachliche Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG wird jedoch verfassungsimmanent eingeschränkt. Tätigkeiten, die schon ihrem Wesen nach als verboten anzusehen sind, weil sie aufgrund ihrer Sozial- und Gemeinschaftsschädlichkeit schlechthin nicht am Schutz durch das Grundrecht der Berufsfreiheit teilhaben können, fallen von vornherein aus dem Gewährleistungsgehalt der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) heraus. Der professionelle Killerdienst von A ist eine evident sozial- und gemeinschaftsschädliche Tätigkeit. Der sachliche Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ist nicht eröffnet.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FalkTG

FalkTG

16.6.2024, 08:27:48

Mich wundert, dass dies nicht als strittig dargestellt wird, weil es ja untypisch ist normalerweise stets den Schutzbereich lieber zu bejahen und dann die Rechtfertigung abzulehnen. Klar, beim Mord wird man hier schnell nein sagen können, aber ang

esi

chts wandelnder Wertevorstellungen ist "sozialschädlich" ja sehr offen. Sicherlich hätte man darunter auch - Prostitution - Abtreibung - in Berlin wohnen - Telefonsex erfasst, ge?

LELEE

Leo Lee

17.6.2024, 12:23:24

Hallo FalkTG, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat hast du Recht, dass diese Frage streitig ist. Auch stimmt es, dass nicht immer ganz klar ist, was genau als „sozialschädlich“ einzustufen und was nicht. Beachte allerdings für die Klausurpraxis, dass der Schutzbereich in der Tat „stets lieber zu bejahen“ ist, weil man einer Ausuferung auf Ebene der RF Einhalt gebieten kann. Diesen Standpunkt vertritt nämlich (sogar) das BVerfG, weshalb stets auch empfehlenswert ist, diesem Ansatz zu folgen („in dubio pro libertate“ – „im Zweifel

zugunsten

der Freiheit“, was man z.B. bei Art. 2 – hier wird das Recht, alles tun und lassen zu können erfasst – oder bei Art. 5 – hier wird der weiteste Kunstbegriff als Maßstab genommen – zu erkennen kann) :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

AME

Amelie7

7.11.2024, 12:34:33

Wieso fällt solch ein Verhalten nicht unter den Schutzbereich der Berufsfreiheit, aber unter den der Handlungsfreiheit? Wie ist da die Argumentation?

SM2206

SM2206

7.2.2025, 01:34:05

Scheidet man das jeweilige Verhalten aus dem Schutzbereich eines speziellen Freiheitsrechts aus, gelten entsprechend auch nicht die gewährleistungsspezifischen Anforderungen für die Rechtfertigung eines

Eingriff

s, z.B. die Drei-Stufen-Theorie. Der Schutz über Art. 2 I GG ist demgegenüber wesentlich schwächer, deshalb hält man es für besser, den jeweiligen Hoheitsakt dann daran zu messen. Da diese gewährleistungsspezifischen Anforderungen uns Studenten aber bis auf wenige Ausnahmen größtenteils unbekannt sind, weil ungeschrieben und vom BVerfG über mehr als ein halbes Jahrhundert entwickelt (was man schlecht alles auswendig lernen kann), scheint es, als wäre das Ergebnis dasselbe, sei es nun Art. 2 I GG oder ein spezielles Freiheitsrecht, weil man in der Verhältnismäßigkeit immer recht ähnlich argumentieren kann.

AME

Amelie7

11.2.2025, 09:37:31

@[SM2206](200598) Danke für die Antwort, ich glaube (ist ja schon etwas her) dass meine Frage aber eher war, wieso es in den Schutzbereich des einen fällt aber aufgrund der evidenten Sozialschädlichkeit nicht in das des anderen. Dann weil der Schutz bei der allgemeinen Handlungsfreiheit eh geringer ist? Das verstehe ich als Argument nicht ganz

SM2206

SM2206

28.2.2025, 17:59:45

Art. 2 I gewährleistet in der Auslegung der h.M. die allg. Handlungsfreiheit, also selbst das „Auftragsmorden“, weil man damit dann den

Vorbehalt des Gesetzes

verfassungsbeschwerdefähig macht. Fehlt ein Gesetz, ist der

Eingriff

in Art. 2 I verfassungswidrig, selbst beim Auftragskiller. Das würde aber nicht funktionieren, wäre der Schutzbereich schon nicht eröffnet. Du bist mit deinem Empfinden übrigens nicht alleine, einer der Verfassungsrichter am BVerfG, ein Herr Grimm, hat genau diese Konsequenz der weiten Auslegung des Art 2 I kritisiert und deshalb vertreten, Art. 2 I gewährleiste eben nicht die allg. Handlungsfreiheit.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen