Öffentliches Recht
Grundrechte
Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG)
Sozial- oder gemeinschaftsschädlich 1: Auftragsmord
Sozial- oder gemeinschaftsschädlich 1: Auftragsmord
2. April 2025
6 Kommentare
4,8 ★ (8.821 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Auftragsmörder A betreibt seit Jahren gewerbsmäßig einen professionellen Killerdienst: Er ermordet diskret andere Menschen für viel Geld. Als die Polizei seinem Treiben ein Ende setzen möchte, fühlt A sich in seiner Berufsfreiheit beeinträchtigt.
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Einordnung des Falls
Sozial- oder gemeinschaftsschädlich 1: Auftragsmord
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Berufsbegriff des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und in ideeller und materieller Hinsicht der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Wegen des denkbar weiten Verständnisses des Berufsbegriffes sind auch evident sozial- und gemeinschaftsschädliche Tätigkeiten - wie der Auftragsmord - vom sachlichen Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) erfasst.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FalkTG
16.6.2024, 08:27:48
Mich wundert, dass dies nicht als strittig dargestellt wird, weil es ja untypisch ist normalerweise stets den Schutzbereich lieber zu bejahen und dann die Rechtfertigung abzulehnen. Klar, beim Mord wird man hier schnell nein sagen können, aber ang
esichts wandelnder Wertevorstellungen ist "sozialschädlich" ja sehr offen. Sicherlich hätte man darunter auch - Prostitution - Abtreibung - in Berlin wohnen - Telefonsex erfasst, ge?
Leo Lee
17.6.2024, 12:23:24
Hallo FalkTG, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat hast du Recht, dass diese Frage streitig ist. Auch stimmt es, dass nicht immer ganz klar ist, was genau als „sozialschädlich“ einzustufen und was nicht. Beachte allerdings für die Klausurpraxis, dass der Schutzbereich in der Tat „stets lieber zu bejahen“ ist, weil man einer Ausuferung auf Ebene der RF Einhalt gebieten kann. Diesen Standpunkt vertritt nämlich (sogar) das BVerfG, weshalb stets auch empfehlenswert ist, diesem Ansatz zu folgen („in dubio pro libertate“ – „im Zweifel
zugunstender Freiheit“, was man z.B. bei Art. 2 – hier wird das Recht, alles tun und lassen zu können erfasst – oder bei Art. 5 – hier wird der weiteste Kunstbegriff als Maßstab genommen – zu erkennen kann) :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Amelie7
7.11.2024, 12:34:33
Wieso fällt solch ein Verhalten nicht unter den Schutzbereich der Berufsfreiheit, aber unter den der Handlungsfreiheit? Wie ist da die Argumentation?
SM2206
7.2.2025, 01:34:05
Scheidet man das jeweilige Verhalten aus dem Schutzbereich eines speziellen Freiheitsrechts aus, gelten entsprechend auch nicht die gewährleistungsspezifischen Anforderungen für die Rechtfertigung eines
Eingriffs, z.B. die Drei-Stufen-Theorie. Der Schutz über Art. 2 I GG ist demgegenüber wesentlich schwächer, deshalb hält man es für besser, den jeweiligen Hoheitsakt dann daran zu messen. Da diese gewährleistungsspezifischen Anforderungen uns Studenten aber bis auf wenige Ausnahmen größtenteils unbekannt sind, weil ungeschrieben und vom BVerfG über mehr als ein halbes Jahrhundert entwickelt (was man schlecht alles auswendig lernen kann), scheint es, als wäre das Ergebnis dasselbe, sei es nun Art. 2 I GG oder ein spezielles Freiheitsrecht, weil man in der Verhältnismäßigkeit immer recht ähnlich argumentieren kann.
Amelie7
11.2.2025, 09:37:31
@[SM2206](200598) Danke für die Antwort, ich glaube (ist ja schon etwas her) dass meine Frage aber eher war, wieso es in den Schutzbereich des einen fällt aber aufgrund der evidenten Sozialschädlichkeit nicht in das des anderen. Dann weil der Schutz bei der allgemeinen Handlungsfreiheit eh geringer ist? Das verstehe ich als Argument nicht ganz
SM2206
28.2.2025, 17:59:45
Art. 2 I gewährleistet in der Auslegung der h.M. die allg. Handlungsfreiheit, also selbst das „Auftragsmorden“, weil man damit dann den
Vorbehalt des Gesetzesverfassungsbeschwerdefähig macht. Fehlt ein Gesetz, ist der
Eingriffin Art. 2 I verfassungswidrig, selbst beim Auftragskiller. Das würde aber nicht funktionieren, wäre der Schutzbereich schon nicht eröffnet. Du bist mit deinem Empfinden übrigens nicht alleine, einer der Verfassungsrichter am BVerfG, ein Herr Grimm, hat genau diese Konsequenz der weiten Auslegung des Art 2 I kritisiert und deshalb vertreten, Art. 2 I gewährleiste eben nicht die allg. Handlungsfreiheit.