Umfang der Prokura, Grundstücksgeschäfte, § 49 Abs. 2 HGB


mittel

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H ist Inhaberin einer Hotelkette. Zum Unternehmensvermögen gehört auch ein Grundstück mit einer stillgelegten Pension am Bodensee. H erteilt ihrer Mitarbeiterin P Prokura. Investorin I tritt an P heran, weil sie das Grundstück kaufen möchte.

Einordnung des Falls

Umfang der Prokura, Grundstücksgeschäfte, § 49 Abs. 2 HGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Übereignung des Grundstücks (§§ 873, 925 BGB) ist von P‘s Prokura umfasst (§ 49 HGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Veräußerung und Belastung von Grundstücken (und grundstücksgleichen Rechten) ist nicht vom gesetzlichen Umfang der Prokura umfasst (§ 49 Abs. 2 HGB). Zu diesen Geschäften ist der Prokurist nur befugt, wenn die Prokura dahingehend erweitert wurde (§ 49 Abs. 2 HGB „echte Erweiterung der Prokura“) oder hierfür gesonderte Vollmacht erteilt wurde. Keine Belastung in diesem Sinne sind schuldrechtliche grundstücksbezogene Geschäfte, die das Grundstück nur wirtschaftlich belasten. Auch der Erwerb von Grundstücken oder die Verfügung über bereits bestehende Grundpfandrechte sind von Prokura umfasst. H hat P Prokura erteilt. Zur Veräußerung von Grundstücken hat sie ihr keine Befugnis erteilt. Die Übereignung des Grundstücks an I (§§ 873, 925 BGB) ist nicht von P’s Prokura umfasst (§ 49 Abs. 2 HGB).

2. P kann für H wirksam einen Kaufvertrag mit I über das Grundstück abschließen (§ 433 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Dem Wortlaut nach ist von § 49 Abs. 2 HGB nur das Verfügungsgeschäft betroffen. Sinn und Zweck des § 49 Abs. 2 HGB ist die Erhaltung des Grundstücksvermögens des Kaufmanns. Der Schutz liefe leer, wenn das schuldrechtliche Geschäft wirksam wäre. Der Gläubiger könnte den Geschäftsinhaber auf Erfüllung dieses Vertrags in Anspruch nehmen und somit die Übertragung des Eigentums fordern. Deshalb gilt § 49 Abs. 2 HGB in teleologischer Extension auch für das Verpflichtungsgeschäft. Auch der Abschluss eines Kaufvertrags über das Grundstück mit I ist nicht von P’s Prokura umfasst (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB, § 49 Abs. 2 HGB).

3. P erklärt, sie sei weder befugt, das Grundstück zu verkaufen, noch sei H mit einem Verkauf einverstanden. Daraufhin erklärt I, P könne ihr das Grundstück doch stattdessen verpachten.

Ja!

Die Veräußerung und Belastung von Grundstücken (und grundstücksgleichen Rechten) ist nicht vom gesetzlichen Umfang der Prokura umfasst (§ 49 Abs. 2 HGB). Keine Belastung in diesem Sinne sind schuldrechtliche grundstücksbezogene Geschäfte, die das Grundstück allenfalls wirtschaftlich belasten. Hierunter fallen beispielsweise Mietverträge, Pachtverträge, Verträge im Rahmen der Grundstücksverwaltung und selbst Geschäfte zum Bau eines Hauses auf dem Grundstück. P ist daher befugt, in H’s Namen einen Pachtvertrag (§ 581 BGB) über das Grundstück am Bodensee abzuschließen.

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JURA

Jurapro

13.7.2023, 13:57:04

Warum sind Pachtverträge von dem Umfang der Prokura umfasst? Der Kaufmann kann das Grundstück dann ja auch nicht mehr nutzen, wie er möchte.

ON

onlyjura

3.11.2023, 09:30:29

Anders als bei einer Veräußerung, bleibt das Grundstück bei einer Verpachtung im Vermögen des Inhabers enthalten. Genau das ist auch Sinn und Zweck der Einschränkung in §49 II HGB. Die damit einhergehende wirtschaftliche Belastung dagegen, ist Ausfluss der sehr weiten Vertretungsbefugnisse eines Prokuristen (vgl. 49 I HGB). Und ein Pachtvertrag kann auch wieder gekündigt werden, wenn das Grundstück in Zukunft anderweitig genutzt werden soll.

FuschDaSlam

FuschDaSlam

20.2.2024, 09:20:28

Ohne die Fallfrage, ob P statt der Veräußerung des Grundstücks zur Verpachtung berechtigt ist, ist die Aufgabe schwierig zu lösen 😊

M K

M K

19.6.2024, 18:12:23

Bitte noch den 3. Fragekasten vervollständigen.


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