Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Angebot und Annahme

Ausstellen von Tieren im Schaufenster (Invitatio ad offerendum)

Ausstellen von Tieren im Schaufenster (Invitatio ad offerendum)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A fertigt leidenschaftlich gerne kleine Häkeltiere an. Jedes Tier ist ein Unikat. Nachdem sie ihren Onlineshop bei DaWanda aufgeben musste, hat sie in Berlin-Schöneberg einen kleinen Laden eröffnet. Im Schaufenster hat sie 10 ihrer Tiere mit Preisschildern ausgestellt.

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Einordnung des Falls

Ausstellen von Tieren im Schaufenster (Invitatio ad offerendum)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Hat A mit den im Schaufenster ausgelegten Tieren ein Angebot ad incertas personas zum Abschluss eines Kaufvertrags (§ 433 BGB) abgegeben?

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Angebot ist eine Willenserklärung, durch die der Vertragsschluss einem anderen so angetragen wird, dass nur von dessen Einverständnis das Zustandekommen des Vertrags abhängt. Nach § 145 BGB ist der Antragende an das Angebot gebunden (Bindungswirkung). Der objektive Tatbestand liegt in einem Verhalten, das aus Sicht Dritter auf das Vorliegen von Handlungs-, Rechtsbindungs- und Geschäftswillen schließen lässt. Ob sich jemand rechtlich binden möchte, ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Würde A sich durch das Ausstellen der Tiere im Schaufenster bereits rechtlich binden wollen, könnte eine unbegrenzte Zahl an Personen, die die Tiere im Schaufenster sieht, durch Annahmen Vertragsschlüsse zustande bringen. A würde Gefahr laufen, Verträge zu schließen, die sie nicht erfüllen kann, weil sie die Qualle nur einmal hat.
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2. Hat A durch das Ausstellen der Tiere im Schaufenster eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots („invitatio ad offerendum“) getätigt?

Ja!

Die Aufforderung, ein Angebot abzugeben, kennzeichnet eine Handlung, die selbst noch kein Angebot darstellt, sondern nur andere Personen zur Abgabe eines Angebots auffordern soll. Es handelt sich um eine nicht rechtsgeschäftliche Handlung zur Vertragsanbahnung. Derjenige, der zur Abgabe von Angeboten aufgefordert hat, kann das ihm gemachte Angebot annehmen oder ablehnen. Verlautbarungen an die Allgemeinheit („Angebote“ in Zeitungsanzeigen, im Internet, Postwurfsendungen, Katalogen und Schaufenstern) sind regelmäßig invitationes ad offerendum. A kann Angebote von Interessenten annehmen oder ablehnen und hat so den Überblick über die Verträge und Einfluss auf die Wahl des Vertragspartners (Zahlungsfähigkeit etc.).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

REA

Rea

12.7.2020, 23:38:04

Liebes Jurafuchs Team, ist es bei der Bewertung von Fällen wichtig nach „Selbstbedienungsläden“ und „kleinen Geschäften mit Bedienung“ in Bezug auf die Unterscheidung „Angebot an Jedermann“ bzw. „Aufforderung zur Abgabe eines Angebots“ zu differenzieren? Im „Honigglas Fall“ hat der Händler ein Angebot abgegeben, dass der Kunde durch Vorlage des Gegenstands an der Kasse angenommen hat. Beim Fall „der Häkeltiere“ gibt der Händler kein Angebot ab, sondern nur die Aufforstung zur Abgabe eines Angebots... In beiden Fällen liegt die Ware im Laden vor und es handelt sich auch in beiden Fällen um ein sog.Bargeschäft an den, den es angeht. deshalb würde mich interessieren, wonach die beiden Fälle unterschieden werden. Vielen Dank, Rea

Martin

Martin

20.5.2021, 15:06:39

Liebe Rea, Gerne würde ich als Nicht-Jurafuchs-Team Dir antworten: Generell unterscheidet das vorliegen eines Rechtsbindungswillens, ob es sich um ein verbindliches Angebot oder um eine

Invitatio ad offerendum

handelt. Dieser Rechtsbindungswille ist nach dem objektivem

Empfängerhorizont

zu beurteilen. In diesem Fall handelt es sich, im Gegensatz zu den Honiggläsern, um Unikate. Einem objektiven Dritten ist damit klar, dass die Verkäuferin sich nicht mit allen Personen binden will, da sie nur einen Bedienen kann. Grüße Martin

VIC

Victor

10.8.2020, 12:16:36

Im Endeffekt musst du dir nur die Gesamtumstände anschauen. Bei einem

Selbstbedienungsladen

bietet der Verkäufer all seine ausliegenden Waren an. Sind die ausverkauft ist das so. Bei anderen Läden wird ein Teil der Ware ausgestellt um potenzielle Käufer anzulocken. Da will sich der Verkäufer noch nicht binden. Da kann der Laden noch so groß bzw. klein sein.


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