Öffentliches Recht
VwGO
Anfechtungsklage
Rechtsverordnung als Verwaltungsakt bekannt gemacht – statthafter Rechtsbehelf
Rechtsverordnung als Verwaltungsakt bekannt gemacht – statthafter Rechtsbehelf
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Gemeinde G will eine Wasserschutzanordnung, welche grundsätzlich eine Rechtsverordnung ist, für den Dorfsee erlassen. Diese wird jedoch nicht wie üblich verkündet, sondern als Einzelbekanntmachung dem Grundstückseigentümer A gegenüber erlassen. A erhebt dagegen Anfechtungsklage.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Rechtsverordnung als Verwaltungsakt bekannt gemacht – statthafter Rechtsbehelf
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Da die Wasserschutzanordnung grundsätzlich als Rechtsverordnung erlassen wird, mangelt es der Einzelbekanntmachung an der Regelungswirkung für den Einzelfall.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit Regelungscharakter liegt vor.
Ja!
3. Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn die Wasserschutzanordnung ein Verwaltungsakt ist, der sich noch nicht erledigt hat.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dominik Rafanoharana
24.6.2021, 13:52:54
Hi es gilt das Verbot der Einzelfallgesetze. Eine Rechtsverordnung ist gesetztes Recht. Damit wäre hier nur eine Normenkontrolle statthaft. Wie sehen Sie es?
Lukas_Mengestu
24.6.2021, 18:19:25
Hallo Dominik, vielen Dank für Deine Frage. Grundsätzlich hast Du recht, dass eine Rechtsverordnung im Wege der Normenkontrollklage anzugreifen ist. Richtig ist auch, dass vorliegend die in Rede stehende Wasserschutzanordnung nur als Verordnung hätte ergehen dürfen, da es sich um eine allgemeingültige Regel handelt (abstrakt) und sich an einen unbestimmten Personenkreis richtet (generell). Es handelt sich insoweit um eine abstrakt-generelle Regelung und war eben inhaltlich nicht auf die Regelung eines Einzelfalls ausgerichtet. Die entscheidende Frage im Fall ist nun, wie man mit einer solchen Regelung umgehen soll, die inhaltlich zwar abstrakt-generell ist (Rechtsverordnung), ihrem äußeren Schein nach aber als Verwaltungsakt erlassen wird (konkret-individuelle Regelung). Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass "eine von einer
Behördeals Verwaltungsakt gewollte und in der gesamten Form sowie der Veröffentlichungsart als solche ausgestaltete Anordnung grundsätzlich auch dann ein Verwaltungsakt [...] ist, wenn sie ihrem wesentlichen Inhalt nach etwas regelt, was nur durch eine Rechtsnorm wirksam geschehen kann" (BVerwG, NJW 1964, 1151). Salopp gesagt: Der Bürger muss bei der Wahl des prozessualen Mittels nicht schlauer sein als die erlassende
Behörde. Das heißt, eine Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) kann auch dann erhoben werden, wenn es sich bei dem behördlichen Handeln nicht um einen Verwaltungsakt (§
35 VwVfG) handelt, sofern die
Behördees so aussehen lässt, als wäre es einer. Im Hinblick auf die
Begründetheitder Klage hat sich das BVerwG in der Entscheidung noch deutlicher geäußert: "Daß ein solcher Verwaltungsakt fehlerhaft ist und jeden von ihm Betroffenen in seinen Rechten verletzt, bedarf keiner näheren Darlegung". Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team