+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T hat gegen O einen Anspruch auf Zahlung von € 20.000. Da er den Zivilprozess nicht abwarten möchte, bringt er O unter Androhung eines empfindlichen Übels dazu, ihm das Fahrzeug als Sicherheit zu übergeben.

Einordnung des Falls

Subjektiver Tatbestand: Bereicherungsabsicht (Inpfandnahme)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Liegt ein Vermögensschaden bei O vor (§ 253 StGB)?

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Genau, so ist das!

Ein Vermögensschaden liegt vor, wenn das Vermögen einer Person durch die Nötigung gemindert wird. Der Vermögensschaden liegt vorliegend in dem Verlust des Besitzes an dem Fahrzeug und des damit verbundenen Verlustes der Nutzungsmöglichkeit. Die i.S.d. § 1204 BGB nichtige „Verpfändung“ selbst stellt hingegen keinen Vermögensnachteil dar. Da O dieser nicht zugestimmt hat, wurde kein wirksames Faustpfandrecht an dem Fahrzeug bestellt.

2. Handelte T mit der Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen (§ 253 StGB)?

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Ja, in der Tat!

Bereicherungsabsicht ist die Absicht, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen. T hatte zwar nicht die Absicht, das Fahrzeug wirtschaftlich zu verwerten. Auch ging es ihm nicht primär darum, den vorübergehenden Besitz zu erlangen. Der Besitz war lediglich nötig, um das Fahrzeug als „Pfand“ für die Forderung zu nutzen. T wollte aber den Geldbetrag in Höhe von €20.000 erlangen und hatte diesbezüglich Bereicherungsabsicht.

3. Nach der Rechtsprechung liegt Stoffgleichheit zwischen der erstrebten Bereicherung und dem eingetretenen Vermögensschaden vor.

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Nein!

Wie auch beim Betrug muss die erstrebte Bereicherung stoffgleich zum eingetretenen Vermögensschaden sein. Stoffgleichheit liegt vor, wenn der Vorteil die Kehrseite des Schadens, mithin unmittelbare Folge der täuschungsbedingten Vermögensverfügung ist und dem Täter der Vorteil direkt aus dem geschädigten Vermögen zufließt. Liegt der Inpfandnahme eine bestehende Forderung zugrunde, so geht der BGH regelmäßig davon aus, dass die Bereicherungsabsicht lediglich auf die Erlangung des Geldbetrages gerichtet ist. Dieser sei aber nicht stoffgleich zu dem vorübergehenden Besitz der Pfandsache, sodass eine vollendete Erpressung ausscheide. Darüber fehlt es bei bestehender Forderung auch an der Absicht der rechtswidrigen Bereicherung. Auch ein Versuch scheidet damit aus. Es liegt jedoch zumindest eine Nötigung nach § 240 StGB vor.

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