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„Elfes“-Urteil: Ausreisefreiheit und die Reichweite der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG)
„Elfes“-Urteil: Ausreisefreiheit und die Reichweite der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG)
9. Mai 2023
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Politiker Wilhelm Elfes (E) will ausreisen, um im Ausland gegen deutsche Außenpolitik zu agitieren. Die zuständige Behörde verweigert E die Verlängerung seines Reisepasses, weil E durch sein geplantes Verhalten erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährde (§ 7 Abs. 1 PassG). Den Rechtsweg beschreitet E ohne Erfolg.
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Einordnung des Falls
Das Elfes-Urteil - benannt nach dem Beschwerdeführer, Wilhelm Elfes - ist eine frühe Leitentscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Sie befasst sich vordergründig mit der Frage, ob das Grundgesetz die Freiheit schützt, die Bundesrepublik zu verlassen (Ausreisefreiheit). Nach Ansicht des BVerfG ist die Ausreisefreiheit nicht Bestandteil des Grundrechts auf Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG), sondern Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). In der Elfes-Entscheidung konturiert das BVerfG den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit: Sie schützt nicht nur einen Kern der Persönlichkeitsentfaltung, sondern die Handlungsfreiheit im umfassenden Sinne. Gegenüber anderen speziellen Grundrechten ist Art. 2 Abs. 1 GG ein subsidiäres Auffanggrundrecht. Mit der Weite des Schutzbereichs korrespondiert ein weites Verständnis seiner Schranke: Der Schrankenvorbehalt der „verfassungsmäßigen Ordnung“ (Art. 2 Abs. 1 GG) umfasst die Gesamtheit der Normen, die formell und materiell verfassungsgemäß sind. Eine weitere wichtige Weichenstellung des Falles ist prozessualer Natur: Das BVerfG hält fest, dass jedermann mithilfe der Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen seine allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) durch eine verfassungswidrige Norm rügen kann. Dadurch wertet das Bundesverfassungsgericht die prozessuale Durchsetzung von Grundrechtsverletzungen deutlich auf.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 11 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. E erhebt Urteilsverfassungsbeschwerde. Ist die Verfassungsbeschwerde zulässig?
Ja!
2. Kann E die Ausreisefreiheit auf das Grundrecht der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG) stützen, sodass hier der Schutzbereich von Art. 11 Abs. 1 GG eröffnet ist?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. E beruft sich für die Ausreisefreiheit auf seine allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Schützt die allgemeine Handlungsfreiheit nur den Kernbereich der Persönlichkeit?
Nein, das trifft nicht zu!
4. Ist die allgemeine Handlungsfreiheit gegenüber spezielleren Grundrechten gleichrangig?
Nein!
5. Fällt die Ausreisefreiheit in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG)?
Genau, so ist das!
6. Stellt die Versagung der Verlängerung des Reisepasses einen Eingriff in Es allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) dar?
Ja, in der Tat!
7. Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit müsste auch gerechtfertigt sein. Wird das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) schrankenlos gewährleistet?
Nein!
8. Umfasst die Schrankenregelung der „verfassungsmäßigen Ordnung“ (Art. 2 Abs. 1 GG) die Gesamtheit der Normen, die formell und materiell verfassungsgemäß sind?
Genau, so ist das!
9. Droht der Grundrechtsschutz des Art. 2 Abs. 1 GG durch dieses sehr weite Verständnis der Schranke der „verfassungsmäßigen Ordnung“ leerzulaufen?
Nein!
10. Prüft das BVerfG im Rahmen der Verfassungsbeschwerde auch vollumfänglich, ob die Voraussetzungen für die Passversagung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG vorgelegen haben?
Genau, so ist das!
11. Das BVerfG prüft im Rahmen der Verfassungsbeschwerde auch vollumfänglich, ob die Voraussetzungen für die Passversagung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG vorgelegen haben.
Nein, das ist nicht der Fall!
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