Öffentliches Recht
Examensrelevante Rechtsprechung ÖR
Entscheidungen von 2020
Äußerungsbefugnis kommunaler Amtsträger
Äußerungsbefugnis kommunaler Amtsträger
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
München eröffnet ein NS-Dokumentationszentrum. B kritisiert dieses unter Hinweis auf ein Buch des Wissenschaftlers W in einem Brief an Oberbürgermeister O. O antwortet B, dass viele Fachleute die Thesen des W als falsch ablehnen würden. Darüber informiert der B den W.
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Einordnung des Falls
Äußerungsbefugnis kommunaler Amtsträger
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 12 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. W ist durch die Äußerung des O in grundrechtlich geschützten Positionen betroffen.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Oberbürgermeister O kann sich ebenfalls auf Grundrechte berufen.
Nein!
3. Ob die Äußerungen des O verfassungsrechtlich zulässig sind, richtet sich danach, ob sie als Schmähkritik einzuordnen sind.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Ein kommunaler Amtsträger bedarf einer gesonderten Ermächtigungsgrundlage, wenn er seine gemeindliche Einrichtung durch Äußerungen gegenüber Dritten verteidigt.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Bei dem NS-Dokumentationszentrum handelt es sich um eine gemeindliche Einrichtung.
Ja!
6. Indem O die Thesen des W als falsch einschätzt, hat er die Schwelle zum klassischen Grundrechtseingriff überschritten. Es bedarf daher einer besonderen Ermächtigungsgrundlage für die Äußerung des O.
Nein, das ist nicht der Fall!
7. Ist die Äußerungsbefugnis von Amtsträgern eröffnet, dürfen sie sich in diesem Rahmen so äußern, wie wenn sie als Grundrechtsträger die Meinungsfreiheit ausübten.
Nein, das trifft nicht zu!
8. Für kommunale Amtsträger gilt das allgemeine Sachlichkeitsgebot auch, wenn sie Stellung zur wissenschaftlichen Konzeption ihrer gemeindlichen Einrichtung beziehen.
Ja!
9. Um festzustellen, ob sich die Äußerungen im Rahmen der gebotenen Sachlichkeit halten, ist der Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen.
Genau, so ist das!
10. Weil O meint, dass viele Fachleute die Thesen des W als falsch ablehnen, hat er die Meinung des W ausgegrenzt und diskreditiert und damit die Grenze des Sachlichkeitsgebots überschritten.
Nein, das trifft nicht zu!
11. O nannte in seiner Antwort an B nicht den akademischen Grad und Titel des W. Dies stellt eine Herabwürdigung der Person dar.
Nein!
12. W hat einen Anspruch auf die Feststellung, dass er durch den Brief in seinen eigenen Rechten verletzt ist, und hat einen Anspruch auf Widerruf der Äußerung.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jack
10.9.2021, 23:18:14
Im Zusammenhang mit öffentlichen Einrichtungen und Meinungsfreiheit könnte dieses Urteil des BayVGH, U.v. 17.11.2020 - 4 B 19.1359, interessant sein. https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-3
2734?hl=true
Jack
10.9.2021, 23:20:29
Ich habe mich vertippt: BayVGH, U.v. 17.11.2020 – 4 B 19.1358
Lukas_Mengestu
21.10.2021, 10:32:39
Sehr cool, vielen Dank für den Hinweis. Das leite ich gern an unsere Redaktion weiter! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Jan M.
9.3.2022, 22:55:32
Hierzu ist vor kurzem, am 20.01.2022, auch ein Urteil des BVerwG ergangen: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverwg-8c3520-bds-kampagne-nutzung-untersagt-staedtische-raeume-kommunale-oeffentliche-einrichtungen-meinungsfreiheit-widmungsbeschraenkung0/
Jan M.
9.3.2022, 22:56:19
Der Volltext ist noch nicht veröffentlicht soweit ich weiß daher der LTO Artikel
lisi99
28.5.2022, 11:56:07
Manchmal wäre es schön am Ende nochmal ein Schema wie z.b den Unterlassungsaufbau für die Klausur mit dem Fallbezug zu bekommen.
Lukas_Mengestu
15.6.2022, 20:24:49
Hallo lisi99, vielen Dank für den Hinweis. Wir werden das einmal in der Redaktion besprechen :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
schokokeks
30.7.2022, 08:55:00
Warum kommt hier (unabhängig davon, dass der Anspruch nicht durchgeht) für den Widerruf der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch und nicht der
Folgenbeseitigungsanspruchin Betracht? Ich dachte, der Unterlassungsanspruch ist auf Unterlassung künftiger Äußerungen gerichtet (also dass O sich nicht erneut so äußern dürfte); dem
Abwehranspruchwürde es an einer fortdauernden Beeinträchtigung fehlen (die Äußerung des O ist nicht auf einer Internetseite oä verewigt). Schon mal danke im Voraus :)
Nora Mommsen
3.8.2022, 14:07:29
Hallo Schokokeks, du hast Recht. Die Erläuterung war an dieser Stelle zu kurz geraten. Richtigerweise müsste W einen Unterlassungsanspruch in Kombination mit einem
Folgenbeseitigungsanspruchgerichtet auf Widerruf geltend machen. Wir haben die Aufgabe entsprechend ergänzt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team