Strafrecht

BT 6: Urkundsdelikte u.a.

Urkundenfälschung (§ 267 StGB)

Verfälschen von zusammengesetzten Urkunden 1

Verfälschen von zusammengesetzten Urkunden 1

5. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Youtuberin Y ist darauf bedacht, auf ihren Video-Blogs stets ihren extravaganten Lebensstil zu präsentieren. Da diese Inszenierung teuer ist, entfernt sie im Supermarkt das Preisetikett von einer teuren Champagner Flasche und überklebt damit das Etikett einer billigen Sektflasche.

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Einordnung des Falls

Verfälschen von zusammengesetzten Urkunden 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Preisetiketten auf den Flaschen sind taugliche Tatobjekte der Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB).

Ja!

Eine Urkunde ist jede verkörperte menschliche Gedankenerklärung (Perpetuierungsfunktion), die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist (Beweisfunktion) und die ihren Aussteller erkennen lässt (Garantiefunktion). Wenn eine verkörperte Gedankenerklärung mit einem Bezugsobjekt räumlich fest zu einer Beweiseinheit verbunden ist - und zusammen einen einheitlichen Beweis- und Erklärungsinhalt in sich vereinigen - liegt nach h.M. eine zusammengesetzte Urkunde vor.Die Preisetiketten geben den Preis der Ware wieder, der vom Inhaber des Supermarkts bestimmt wurde. Auf diese Erklärung richtet sich die Beweisbestimmung und Beweiseignung. Durch die unmittelbare Anbringung liegt eine hinreichend feste Verbindung vor, sodass es sich um zusammengesetzte Urkunden handelt.
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2. Indem T das Etikett der Sektflasche mit einem anderen Etikett überklebt, hat sie eine echte Urkunde verfälscht (§ 267 Abs. 1 Var. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Unter Verfälschungist jede nachträgliche Veränderungdes gedanklichen Inhalts einer echten Urkunde zu verstehen. Durch die nachträgliche Veränderung muss der Anschein erweckt werden, dass die Urkunde von vornherein den ihr nachträglich beigelegten Inhalt gehabt und dass der Aussteller die urkundliche Erklärung von Anfang an in der jetzt vorliegenden Form abgegeben habe.Durch das Überkleben der Sektflasche mit einem Etikett, das einen deutlich höheren Preis ausweist, wurde die bisherige Beweisrichtung unbefugt verändert. Es wird der Eindruck erweckt, dass der Supermarktinhaber den niedrigeren Preis von Anfang an in der nun ersichtlichen Form bestimmt hat.

3. T hat zugleich auch eine unechte Urkunde hergestellt. Tritt die Verfälschungsvariante hinter die Herstellungsvariante zurück?

Nein, das trifft nicht zu!

T hat zwar auch eine unechte Urkunde hergestellt, da durch das Überkleben eine neue Gedankenerklärung entstanden ist, die vorher so nicht existiert hat. Jedoch ist beim Verfälschen die Herstellung einer unechten Urkunde zwingend mitverwirklicht. Dementsprechend tritt die Herstellungsvariante im Wege der Konsumtion zurücktritt.Durch das Entfernen des Etiketts an der Sektflasche kommen zudem Urkundenunterdrückung (§ 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und Sachbeschädigung (§ 303 StGB) in Betracht. Problematisch im Rahmen der Urkundenunterdrückung ist allerdings die Nachteilszufügungsabsicht und im Rahmen der Sachbeschädigung die Erheblichkeit. Zudem würden Tatbestände beide im Wege der Konsumtion zurücktreten.
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