Zivilrecht
Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)
Die echte GoA
Subjektiv fremdes Geschäft – Kauf für einen anderen
Subjektiv fremdes Geschäft – Kauf für einen anderen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
G weiß, dass die S mit großer Leidenschaft Pandafiguren sammelt und jederzeit bereit ist, ihre Sammlung durch Ankäufe zu erweitern. Auf dem Antikmarkt erwirbt G im eigenen Namen von V eine Pandafigur „für S“. S hatte G weder beauftragt noch bevollmächtigt. V sieht G als Käufer an.
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Einordnung des Falls
Subjektiv fremdes Geschäft – Kauf für einen anderen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem G von V eine Pandafigur gekauft hat, hat G „ein Geschäft besorgt“ (§ 677 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hat G, indem er bei V die Pandafigur gekauft hat, ein objektiv fremdes Geschäft besorgt?
Nein, das trifft nicht zu!
3. Indem G bei V die Pandafigur gekauft hat, hat G ein subjektiv fremdes bzw. neutrales Geschäft besorgt. Muss der Fremdgeschäftsführungswille daher positiv festgestellt werden?
Ja!
4. Hier liegt kein objektiv, sondern ein subjektiv fremdes Geschäft vor. Wird Gs Fremdgeschäftsführungswille dennoch vermutet?
Nein, das ist nicht der Fall!
5. G hat das Geschäft für S besorgt, „ohne von ihr beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein“ (§ 677 BGB).
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Geasoph
23.10.2021, 21:34:39
Also bei subjektiven Geschäften kommt es für den FGW auf die innere Willensrichtung an, die zB für den Vertragspartner aber nicht erkennbar sein muss, richtig ?
Victor
24.10.2021, 12:00:45
Genau!
beejudberöpyi
12.3.2022, 00:59:36
Es ist doch gerade der Sinn des subjektiv-fremden Geschäfts, dass der FGW nach außen getragen wird. Deshalb müssen ja auch Fremdheit und FGW in diesem Fall zusammen geprüft werden. Wandt,
Gesetzliche Schuldverhältnisse, 2020 m.w.N.
Barbara Salesch
2.7.2022, 14:44:53
Auch im Looschelders ist davon die Rede, dass bei subjektiv fremden Geschäften der Wille nach außen erkennbar in Erscheinung treten muss (Looschelders SR BT, § 46 Rn. 9)
Eichhörnchen I
17.10.2022, 13:40:37
Es scheint da umstritten zu sein, ob die Fremdgeschäftsführungsabsicht nach außen erkennbar hervorgetreten sein muss (h.M.) oder der innere Wille genügt. Nach einer (für mich schlüssigen Argumen
tation) sieht die Mindermeinung in der Anforderung eine unzulässige Vermischung von Beweisebene mit dem materiellen Recht (MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, Rn. 50). Beste Grüße
Vanilla Latte
29.2.2024, 00:32:06
Aber an welcher Stelle wird hier der FGW nach außen hin erkennbar? Das ist doch erforderlich oder?
Leo Lee
4.3.2024, 08:40:34
Hallo Vanilla Latte, vielen Dank für die sehr gute Frage! Du liegst mit deinem Gefühl richtig! Man braucht bei einem obj. Fremden Geschäft einen nach außen erkennbaren Willen, für einen anderen tätig zu werden. Hier muss es also für den V erkennbar sein, dass G für einen anderen den Gegenstand gerade kauft (was der G nicht getan hat). Folglich liegt kein obj.
Fremdes Geschäftvor, da – wie du völlig richtig anmerkst – der FGW nicht nach außen hin erkennbar wird :). Falls ich deine Frage falsch verstanden habe, würde ich mich über eine kurze Rückmeldung freuen! Ansonsten kann ich hierzu die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, F. Schäfer § 677 Rn. 44 f. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Flohm
26.3.2024, 10:30:55
Muss bei subj. fremden Geschäften der
Fremdgeschäftsführungswillenach außen erkennbar sein? Er muss ja positiv festgestellt werden.
Leo Lee
29.3.2024, 03:25:39
Hallo Flohm, vielen Dank für die sehr gute Frage! Bei einem subj. Fremden (auch „neutralen“) Geschäft muss der FGW insofern „nicht nach außen erkennbar sein“, als dieser entweder vermutet oder eben bewiesen werden muss! So wird bei einem ausschl. fremden Geschäft der FGW zu vermuten bzw. anzunehmen sein, wohingegen bei einem ausschl. eigenen Geschäft (nach außen hin) der FGW bewiesen bzw. dargelegt werden muss. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, F. Schäfer § 677 Rn. 53 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Blotgrim
19.5.2024, 10:43:50
Aber wenn bei einem neutralen Geschäft wie hier der
Fremdgeschäftsführungswillezu beweisen ist muss er dann nicht eigentlich nach außen treten, damit man ihn beweisen kann? Ich meine als Geschäftsführer kann ich im Nachhinein ja viel behaupten, was ich mir so gedacht habe. Reichen da solche Angaben wie hier im Sachverhalt und wie läuft das in der Praxis, da kann man ja nicht in den Kopf des Geschäftsführers reinschauen
Wysiati
20.9.2024, 11:27:37
@[Blotgrim](167544) Ich kenne mich hier noch nicht sehr gut aus, deswegen gerne korrigieren. Meiner Meinung nach ist es so. Subjektive Aspekte im Gesetz eröffnen immer einen Bewertungsspielraum des Gerichts. Nicht ausdrücklich, aber implizit. Wie du schon sagst, man kann nicht in die Köpfe der Menschen sehen. Es ist also dann Aufgabe der Anwälte entsprechend zu argumentieren und des Richters zu entscheiden, was denn nun der Wille war. Dabei gibt es sicherlich nähere prozessrechtliche Vorschriften, die ich noch nicht kenne, jedenfalls wird dann eben alles herangezogen, mit dem man den Willen belegen könnte. Würdest du ein "Nach-außen-treten" verlangen, würde das den Bewertungsspielraum stark verringern und zwar auf alle Handlungen die objektiv messbar passiert sind. Heranziehen könnte man dann wohl bspw. nicht, dass zwei Menschen Freunde waren und dass Geschäft für den anderen Freund von Vorteil war, nicht aber für den Freund der Gf ist. Das könnte man sonst sicher dazu verarbeiten, dass der Gf Freund offensichtlich das Geschäft für den Gh Freund führen wollte. So würde ich den Unterschied zwischen objektiver und subjektiver Bewertung auf Prozessebene beschreiben. Grds. bleibt aber, dass man diese nicht mit der materiellen Ebene verwechseln darf. Es ist sicherlich nicht rein subjektiv, wenn etwas objektiv nach außen tritt. Vielleicht hilft diese Perspektive weiter.