Form des Strafantrags und Nachholung

24. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G wird von A auf einer Online-Plattform beleidigt. G trat hier nur unter einem Pseudonym auf. Er ruft bei der Polizei an und äußert den Wunsch, dass A bestraft werden solle. Da er viel Wert auf Anonymität legt, ruft er von einer Telefonzelle aus an und nennt seinen Namen nicht.

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Einordnung des Falls

Form des Strafantrags und Nachholung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ohne Strafantrag des G stünde der Verfolgung der Beleidigung (§ 185 S. 1 StGB) ein Verfahrenshindernis entgegen.

Ja, in der Tat!

Bei absoluten Antragsdelikten stellt das Fehlen eines Strafantrags ein Verfahrenshindernis dar, welches zur Einstellung des Verfahrens führt. Der Strafantrag kann auch nicht durch die Bejahung des öffentlichen Interesses durch die Staatsanwaltschaft ersetzt werden.Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt (§ 194 Abs. 1 S. 1 StGB). Es handelt sich damit um ein absolutes Antragsdelikt. Der Strafantrag ist damit nicht durch die Bejahung des öffentlichen Interesses ersetzbar und sein Fehlen stellt ein Verfahrenshindernis dar.
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2. Der Strafantrag kann formfrei gestellt werden (§ 158 Abs. 2 StPO).

Nein!

erklaerung>Der Strafantrag kann bei der Staatsanwaltschaft, der Polizei und den Amtsgerichten angebracht werden und ist zu dokumentieren (§ 158 Abs. 1 S. 1, 2 StPO). Bei Straftaten, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, müssen die Identität und der Verfolgungswille der antragstellenden Person sichergestellt sein.Früher musste der Strafantrag „schriftlich oder zu Protokoll“ (§ 158 Abs. 2 StPO a.F.) gestellt werden, sodass grundsätzlich eine Unterschrift erforderlich war. Dies lockerte die Rechtsprechung für den analogen Antrag. Es mussten nur Identität und Verfolgungswille sichergestellt sein. Mit der Neuregelung erstreckt der Gesetzgeber diese Rechtsprechung nun auch auf den digitalen Antrag, der bisher nur mit elektronischer Signatur (§ 32a StPO) oder über einen sicheren Übermittlungsweg möglich war.

3. Der Verfolgungswille geht aus Gs Anruf hinreichend hervor.

Genau, so ist das!

Bei Straftaten, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, muss der Verfolgungswille der antragstellenden Person sichergestellt sein. Zunächst muss die Erklärung ein Begehren nach Strafverfolgung enthalten. Es muss weiterhin in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich feststehen, dass es sich bei der Erklärung nicht um einen Entwurf handelt, sondern sie mit Wissen und Wollen der berechtigten Person der zuständigen Stelle zugeleitet worden ist.Im Telefonat äußerte G eindeutig den Wunsch nach Strafverfolgung und Bestrafung. Der Verfolgungswille trat damit eindeutig hervor.

4. Weiterhin müsste Gs Identität sichergestellt sein. Hat G durch seinen anonymen Anruf formwirksam Strafantrag gestellt?

Nein, das trifft nicht zu!

Bei Straftaten, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, muss außer dem Verfolgungswillen die Identität der antragstellenden Person sichergestellt sein. Es muss in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich sein, von wem die Erklärung herrührt.G nannte seinen Namen im Telefonat nicht. Auch über seinen anonymisierten User-Namen ist er nicht identifizierbar und ein Rückruf würde nur zur Telefonzelle führen. Seine Identität kann also durch die Polizei nicht mehr festgestellt werden. Der Antrag genügt damit nicht den Formvorgaben des § 158 Abs. 2 StPO.

5. Kann der Strafantrag auch in der Hauptverhandlung nachgeholt werden, wenn die Frist des § 77b Abs. 1 StGB zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen ist?

Genau, so ist das!

Es ist zulässig, den Strafantrag bei „einem Gericht” zu stellen. Dies bedeutet nicht nur, dass ein Antrag bei jedem Amtsgericht zulässig ist, sondern auch dass in einem anhängigen Verfahren bei dem mit der Sache befassten Gericht Strafantrag gestellt werden kann. Solange die Drei-Monats-Frist (§ 77b Abs. 1 StGB) noch nicht abgelaufen ist, kann der Antrag in der Hauptverhandlung und sogar noch in der Revisionsinstanz gestellt werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CO

Colin

8.11.2024, 23:02:43

Es ist 194 StPO und nicht 194 StGB verlinkt. Auch beim Anfang der Erklärung der letzten Frage scheint was schief gelaufen zu sein hinsichtlich der Formatierung!

LELEE

Leo Lee

10.11.2024, 05:16:28

Hallo Colin, vielen Dank für den sehr wichtigen Hinweis! In der Tat hatte sich hier der Fehlerteufel eingeschlichen, weshalb wir den Text nunmehr entsprechend korrigiert haben. Wir möchten uns bei dir vielmals dafür bedanken, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen uns auf weitere Feedbacks :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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