Altersdiskriminierung - immaterieller Schaden

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die S-GmbH schreibt eine Teilzeit-Stelle für eine junge, engagierte Englischlehrkraft (m/w/d) mit abgeschlossenem Hochschulstudium aus. Die 50-jährige Englischlehrerin B bewirbt sich. Stattdessen wird die 30-jährige C eingestellt. In den an B zurückgesendeten Bewerbungsunterlagen ist Bs Geburtstag markiert.

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Einordnung des Falls

Altersdiskriminierung - immaterieller Schaden

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B könnte aufgrund der unterbliebenen Anstellung gegen die S-GmbH ein Anspruch auf Entschädigung ihres immateriellen Schadens aus § 15 Abs. 2 AGG zustehen.

Genau, so ist das!

Der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG setzt voraus: I. Anwendbarkeit des AGG II. Verstoß gegen Benachteiligungsverbot (§ 7 Abs. 1 AGG) III. Rechtzeitige schriftliche Geltendmachung (§ 15 Abs. 4 AGG) IV.Rechtsfolge: Entschädigung (§ 15 Abs. 2 AGG)
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2. Das AGG ist anwendbar und eine Benachteiligung der B liegt vor.

Ja, in der Tat!

B ist als Bewerberin Beschäftigte im Sinne des AGG (§ 6 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGG). Die S-GmbH ist als juristische Person, die Arbeitnehmer beschäftigt, Arbeitgeber (§ 6 Abs. 2 S. 1 Var. 2 AGG). Der persönliche Anwendungsbereich ist eröffnet. Der Zugang zu unselbstständiger Arbeit fällt zudem in den sachlichen Anwendungsbereich des AGG (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG). Es sprechen eine Reihe von Indizien (Markierung, Stellenanzeige, Einstellung jüngerer Bewerberin) für eine ungerechtfertigte, unmittelbare Benachteiligung wegen Bs Alters (§ 22 AGG, Beweislastumkehr) und damit einem Verstoß, gegen ein Benachteiligungsverbot (§ 7 Abs. 1 AGG).

3. B kann den Entschädigungsanspruch innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren geltend machen (§ 15 Abs. 4 AGG).

Nein!

Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche aus dem AGG müssen grundsätzlich innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 4 AGG). Die Frist beginnt zu laufen, sobald der Beschäftigte von der behaupteten Diskriminierung Kenntnis erlangt.Zum Zeitpunkt ihrer Ablehnung und der Rücksendung der Unterlagen beginnt die zweimonatige Ausschlussfrist zu laufen.Die Frist ist tarifdispositiv, d.h. Tarifvertragsparteien können vereinbaren, diese zu verkürzen oder zu verlängern (§ 15 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 AGG).

4. Unabhängig davon, ob B bei diskriminierungsfreier Auswahl berücksichtigt worden wäre, steht ihr ein Entschädigungsanspruch von bis zu drei Monatsgehältern zu (§ 15 Abs. 2 AGG).

Genau, so ist das!

Für die diskriminierende Nichteinstellung hat der Gesetzgeber eine Höchstgrenze von drei Monaten („Kappungsgrenze“) normiert (§ 15 Abs. 2 S. 2 AGG).Die Kriterien, die die Höhe der Entschädigung bestimmen ähneln denen des Schmerzensgeldes (vgl. § 253 Abs. 2 BGB). Abzustellen ist insoweit auf: - den Grad des Verschuldens, - die Schwere und Art der Beeinträchtigung, - Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen des Bewerbers sowie - Anlass und Beweggründe für das Handeln des Arbeitgebers.Aufgrund der geringeren Anforderungen spielt der Entschädigungsanspruch in der Praxis eine weitaus größere Rolle, als der materielle Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG.Damit erfasst § 15 Abs. 2 AGG lt. dem zweiten Satz nur jene Konstellationen, in denen eine Einstellung nicht erfolgt wäre. Die restlichen Konstellationen sind hingegen vom § 15 Abs. 1 AGG erfasst!
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