Sachlicher Schutzbereich der negativen Meinungsfreiheit: Konfrontation mit anderen Meinungen


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Auf dem Rathausplatz hat Bürger B Plakate für den Kampf gegen den Klimawandel aufgestellt und verteilt Flyer. Die vorbeilaufende A fühlt sich von dieser "missionierenden Ökodiktatur" belästigt und möchte im öffentlichen Raum nicht mit derartigen Meinungen belästigt werden.

Einordnung des Falls

Sachlicher Schutzbereich der negativen Meinungsfreiheit: Konfrontation mit anderen Meinungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) erfasst auch das Recht, keine bestimmte Meinung zu haben und zu bilden oder seine Meinung nicht zu äußern.

Ja!

In negativer Hinsicht enthält die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) das Recht, keine bestimmte Meinung zu bilden oder sich keiner bestimmten Meinung anschließen zu müssen oder seine Meinung nicht zu äußern (negative Meinungsfreiheit). Die negative Meinungsfreiheit schützt damit u.a. vor der Aufforderung, eine Bewertung abzugeben oder an einer Diskussion aktiv teilzunehmen. Grund hierfür ist der Sinn und Zweck der Meinungsfreiheit. Durch sie soll ein freiheitlich-demokratischer Diskurs ermöglicht, nicht allerdings erzwungen werden.

2. Die negative Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) schützt vor der Konfrontation des Grundrechtsträgers mit anderen Meinungen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die negative Meinungsfreiheit (Art. 5. Abs. 1 S. 1 GG) schützt nicht vor der Konfrontation mit anderen Meinungen. Grund: Diese Konfrontation ist in der Demokratie konstitutive Voraussetzung für den pluralistischen Meinungsdiskurs und deshalb selbstverständlich. Die Grenze der zulässigen Konfrontation ist allenfalls dort überschritten, wo Zwangsmittel zur Verbreitung der Meinung eingesetzt werden.

3. Der sachliche Schutzbereich der negativen Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) ist eröffnet.

Nein, das trifft nicht zu!

Die zwanglose Konfrontation mit anderen Meinungen anderer Grundrechtsträger ist nicht Bestandteil der negativen Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG). A wird lediglich mit der Meinung des B konfrontiert. Sie kann weiterhin ihre eigene Meinung zum Klimawandel bilden. Die Meinungskundgabe seitens B wird A nicht aufgezwängt. Vielmehr kann A einfach weitergehen und die Meinung des B ablehnen, kommentieren oder ignorieren. Achtung: A und B sind beide Grundrechtsträger, ein staatlicher Eingriff ist nicht zu befürchten. In solchen Konstellationen wären allenfalls Schutzpflichten oder die mittelbare Drittwirkung der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) denkbar.

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Dogu

Dogu

18.5.2023, 11:18:24

Sollte hier nicht eher der Eingriff in den Schutzbereich verneint werden oder ist das bei der Negation der Eröffnung des Schutzbereichs inkludiert?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.5.2023, 16:30:18

Hallo Dogu, wenn schon der Schutzbereich nicht eröffnet ist, kann erst recht kein Eingriff da rein erfolgen. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

JAN

jannis21

9.6.2023, 14:10:32

Das ist natürlich unbestritten. Allerdings wollte @[Dogu](137074) darauf aufmerksam machen, dass der Schutzbereich im vorliegenden Fall, entgegen der Lösung, doch eröffnet ist. Lediglich ein Eingriff ist durch den anderen Bürger nicht gegeben. Oder kann ein Schutzbereicht nur als "eröffnet" bezeichnet werden, wenn im Fall definitiv ein Eingriff auf diesen vorliegt?


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