+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T sucht das Abenteuer. Im Winterurlaub will er daher den Watzmann, Schicksalsberg des Berchtesgadener Landes, erklimmen. Er gerät jedoch in einen Schneesturm. Um sich vor dem Erfrieren zu retten, bricht er die Tür zur Hütte vom Eichenauer Edmund auf und verheizt dessen Feuerholz.
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Einordnung des Falls
Wanderer bricht in Hütte ein, Teil 1
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Hüttentür des E ist eine für T fremde Sache (§ 303 StGB).
Ja, in der Tat!
Taugliche Tatobjekte der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) sind fremde Sachen. Darunter fallen alle körperlichen Gegenstände, beweglich oder unbeweglich. Fremd st eine Sache, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht oder herrenlos ist.
Die Tür steht im Eigentum des E.
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2. T hat die Tür durch das Aufbrechen beschädigt (§ 303 Abs. 1 StGB).
Ja!
Eine Handlungsmodalität der Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) ist das beschädigen. Eine Sache ist beschädigt, wenn sie aufgrund der Einwirkung in Substanz verletzt oder in ihrer Brauchbarkeit gemindert ist.
Das Aufbrechen der Tür führte zur Substanzverletzung.
3. T hat das Feuerholz durch das Verheizen weggenommen (§ 242 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
Wegnahme ist der Bruch fremden, und die Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams. Gewahrsam ist die tatsächliche Sachherrschaft, die von einem Herrschaftswillen getragen, und dessen Reichweite von der Verkehrsanschauung bestimmt wird. Neuer Gewahrsam ist begründet, wenn der Täter oder ein Dritter nach Anschauung des täglichen Lebens die tatsächliche Herrschaft über eine Sache ausübt. Ein Gewahrsamsbruch ist ein Gewahrsamswechsel gegen oder ohne den Willen des ursprünglichen Gewahrsamsinhabers.
E hatte trotz Abwesenheit Gewahrsam. Spätestens durch das Heizen hat T Gewahrsam begründet. Ein Einverständnis des E bestand nicht.
4. T handelte in Bezug auf das Feuerholz mit Zueignungsabsicht (§ 242 Abs. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
Zueignungsabsicht ist nach h.M. gegeben, wenn der Täter die Sache selbst (Sachsubstanz) oder den in ihr verkörperten funktionsspezifischen Wert (Sachwert) seinem Vermögen oder dem Vermögen eines Dritten wenigstens vorübergehend einverleiben (Aneignungskomponente) und den Berechtigten auf Dauer aus seiner wirtschaftlichen Position verdrängen will (Enteignungskomponente). Das bestimmungsgemäße Gebrauchen einer Sache fällt hierunter.
T wollte sich das Holz zumindest vorübergehend aneignen, um es seiner Bestimmung gemäß zu verheizen.
5. Als T die Hüttentür aufgebrochen und das Holz verheizt hat, befand er sich in einer Notstandslage (§ 904 BGB).
Ja!
Eine Notstandslage (§ 904 BGB) liegt vor, wenn eine Gefahr für ein Rechtsgut gegenwärtig ist. Eine Gefahr ist ein Zustand, der bei ungehindertem Fortgang den Eintritt eines Schadens für ein notstandsfähiges Rechtsgut ernstlich befürchten lässt, sofern nicht alsbald Abwehrmaßnahmen getroffen werden. Eine Gefahr ist dann gegenwärtig, wenn eine besondere zeitliche Nähe des drohenden Schadenseintritts vorliegt, dieser mithin unmittelbar bevorsteht..
Der T befand sich allein im Gebirge in einem Schneesturm. Es war zu befürchten, dass er erfrieren würde. Somit waren sein Leib und Leben in Gefahr.
6. Das Aufbrechen und Verheizen ist eine erforderliche Notstandshandlung (§ 904 BGB).
Genau, so ist das!
Eine Notstandshandlung (§ 904 BGB) ist die Einwirkung auf eine Sache, die zur Abwendung einer Gefahr erforderlich und verhältnismäßig ist. Erforderlich ist die Handlung, wenn sie geeignet ist und das relativ mildeste Mittel darstellt. Verhältnismäßig ist sie, wenn bei der Interessenabwägung der drohende Schaden gegenüber dem beim Eigentümer entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß ist.
Das Aufbrechen und Verheizen hat die Gefahr durch den Schneesturm abgewehrt. Ein anderes Mittel zur Abwehr der Gefahr war nicht ersichtlich.
7. Das Aufbrechen und Verheizen ist eine verhältnismäßige Notstandshandlung (§ 904 BGB).
Ja, in der Tat!
Beim aggressiven Notstand (§ 904 BGB) ist die Notstandshandlung verhältnismäßig, wenn bei der Interessenabwägung der drohende Schaden gegenüber dem beim Eigentümer entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß ist.
Die Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit und des Lebens des T ist gegenüber der Beschädigung bzw. dem Gebrauchen des Eigentums von E unverhältnismäßig groß.
8. T handelte mit Gefahrabwendungswillen (subjektives Rechtfertigungselement).
Ja!
Der Täter muss in Kenntnis der ihn rechtfertigenden Umstände und mit dem Willen zur Gefahrenabwendung handeln.
T wollte die Gefahr durch den Schneesturm abwenden.
9. T trifft eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht für die beschädige Tür und das verheizte Holz.
Genau, so ist das!
Den Notstandstäter trifft eine Schadensersatzpflicht, da der Eigentümer unbeteiligt ist und seine Sache im Fremdinteresse aufopfern muss (§ 904 S. 2 BGB).
T ist Notstandstäter und E unbeteiligter Eigentümer.
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