Öffentliches Recht
Europarecht
Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV
Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV („Centros")
Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV („Centros")
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Portugiesin B gründet 2012 in England die Centros Ltd und möchte in Dänemark eine Zweitniederlassung eröffnen. Der entsprechende Antrag wird abgelehnt, da die C in England keine Geschäftstätigkeit entfalte und es sich daher um einen Missbrauch der Niederlassungsfreiheit handele.
Diesen Fall lösen 65,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV („Centros")
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit ist vorliegend eröffnet.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. C kann sich nicht auf Art. 49 AEUV berufen, da C die Niederlassungsfreiheit missbraucht hat, indem sie durch die Gründung in England das dänische Gesellschaftsrecht umgegangen hat.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Die Ablehnung des Antrags durch die dänischen Behörden kann gemäß Art. 52 AEUV gerechtfertigt werden.
Nein!
4. Die Maßnahme Dänemarks könnte jedoch durch ungeschriebene Rechtfertigungsgründe nach der Gebhard-Formel gerechtfertigt sein.
Genau, so ist das!
5. Vorliegend sind zwingende Gründe des Allgemeinwohls betroffen.
Ja, in der Tat!
6. Die Maßnahme ist auch geeignet und erforderlich. Sie erfüllt daher die Voraussetzungen der Gebhard-Formel.
Nein!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Daniel
16.9.2023, 11:35:25
Ich stimme dem Ergebnis zu, finde allerdings die Argumentation unschlüssig. Die Maßnahme ist geeignet zum Gläubigerschutz. Nur stützt sich die Eignung nicht auf die Tatsache, dass es keine Geschäftstätigkeit im anderen Mitgliedstaat gab, sondern alleine darauf, dass eine nicht den dänischen Vorschriften entsprechende Gesellschaft nicht ins Land gelassen werden sollte. Die Maßnahme verliert nicht ihre Geeignetheit, nur weil der Gläubigerschutz bei vorheriger Geschäftstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat (und dann erfolgter Zulassung der Zweitniederlassung) auch gefährdet wäre. Vielmehr wäre in diesem Fall auch - das dann unbestritten rechtswidrige - Versagen der Niederlassungserlaubnis zum Gläubigerschutz geeignet. Daher würde ich das Argument in der Erforderlichkeit diskutieren (in einer deutschen Verhältnismäßigkeitsprüfung in der Angemessenheit).
Daniel
30.9.2023, 15:56:14
Um mir selber meine Frage zu beantworten: Anders als wir es in der deutschen Dogmatik kennen, verneint der EuGH die Geeignetheit nicht nur, wenn die Maßnahme gar nicht förderlich zur
Zweckerreichungist, sondern auch wenn sie nicht in "kohärenter und systematischer Weise" zur
Zweckerreichungbeiträgt. Dieses meines Erachtens nach etwas unscharfe Verständnis von "Geeignetheit" dürfte auch hier für die Verneinung durch den EuGH ursächlich sein.