Strafrecht
Examensrelevante Rechtsprechung SR
Entscheidungen von 2020
Unwissen schützt vor Strafe nicht – oder doch? Zurechnung beim Mittäterexzess - Jurafuchs
Unwissen schützt vor Strafe nicht – oder doch? Zurechnung beim Mittäterexzess - Jurafuchs
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A, B und C wollen D ausrauben. B und C gehen mit einer von A besorgten Pistole in das Geschäft des D, bedrohen ihn mit der Waffe und nehmen Schmuck an sich. Absprachewidrig erschießt B sodann den D. A wartet auf B und C und nimmt später den Schmuck entgegen, um ihn zu verkaufen. Den Erlös teilen sie auf. A erfährt erst später vom Tod des D.
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Einordnung des Falls
Jedem Mittäter kann nur das Handeln des Mittäters zugerechnet werden, welches auch von seinem Vorsatz und vom gemeinsamen Tatplan umfasst ist. Liegt eine wesentliche Abweichung vom Tatplan vor (Mittäterexzess), ist dies nicht zurechenbar. Diese grundlegenden Regeln zur Zurechnung von Tatbeiträgern bei der Mittäterschaft hat der BGH in dieser Entscheidung erneut bestätigt.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist unter den Voraussetzungen der Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) eine Zurechnung arbeitsteiliger Tatanteile möglich?
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Macht sich des Raubes strafbar, wer mit Gewalt oder qualifizierter Drohung einem anderen eine fremde, bewegliche Sache in der Absicht wegnimmt, sie sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen (§ 249 Abs. 1 StGB)?
Genau, so ist das!
3. Haben A, B und C sich wegen gemeinschaftlichen, besonders schweren Raubes strafbar gemacht (§§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, 25 Abs. 2 StGB)?
Ja, in der Tat!
4. Hat B sich wegen Mordes strafbar gemacht (§§ 212 Abs. 1, 211 StGB)?
Ja!
5. Hat A sich wegen gemeinschaftlichen Mordes bzw. Totschlags strafbar gemacht (§§ 212 Abs. 1, 211, 25 Abs. 2 StGB)?
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
Fundstellen
Prüfungsschema
Wie prüfst Du die Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) von zwei Beteiligten (T+M), wenn T täterschaftlich alle Tatbestandsmerkmale verwirklicht hat, M aber nicht?
- Strafbarkeit des tatnächsten T (normale Prüfung wie Alleintäter, ohne § 25 Abs. 2 StGB zu erwähnen)
- Strafbarkeit des M
- Tatbestandsmäßigkeit
- Feststellung: M hat den objektiven Tatbestand nicht selbst (vollständig) verwirklicht
- Prüfung: Kann M die Tathandlung des T über § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden? (Vss.: Gemeinsame Tatausführung mit wesentlichen Tatbeiträgen + gemeinsamer Tatentschluss)
- Besondere subjektive Tatbestandsmerkmale (die gegenseitige Zurechnung gem. § 25 Abs. 2 StGB erstreckt sich nur auf obj. TBM; bes. subj. TBM müssen jeweils in der Person des Mittäters vorliegen, getrennt geprüft und festgestellt werden)
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
- Tatbestandsmäßigkeit
Wie prüfst Du die Strafbarkeit wegen Raubes (§ 249 StGB)?
- Tatbestandsmäßigkeit
- Objektiver Tatbestand
- Wegnahme einer fremden beweglichen Sache
- Qualifiziertes Nötigungsmittel (Gewalt gegen Person oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib/Leben)
- Zusammenhang zwischen Nötigungsmittel und Wegnahme (Finalzusammenhang, subj. und zeitlicher und örtlicher Zusammenhang, obj.)
- Subjektiver Tatbestand
- Vorsatz
- Zueignungsabsicht
- Objektive Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung und entsprechender Vorsatz
- Objektiver Tatbestand
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
Wie prüfst Du den Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB)?
- Tatbestandsmäßigkeit
- Objektiver Tatbestand
- Grundtatbestand: §§ 249, 250 StGB
- Tod eines Menschen
- Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang
- Subjektiver Tatbestand
- Vorsatz
- wenigstens Leichtfertigkeit hinsichtlich der Todesfolge
- Objektiver Tatbestand
- Rechtswidrigkeit
- Schuld