Beweisbestimmung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Künstlerin K fertigt einen ersten Entwurf für ein neues Kunstwerk an, das er testweise signiert.

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Einordnung des Falls

Beweisbestimmung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein offensichtlicher Entwurf ist auch zum Beweis bestimmt.

Nein, das trifft nicht zu!

Zum Beweis bestimmt (subjektives Element) ist eine Erklärung, wenn der Aussteller einen entsprechenden Willen bereits bei Herstellung der Urkunde hat (Absichtsurkunde oder originäre Urkunde) oder er oder ein Dritter nachträglich diesen Willen äußert (Zufallsurkunde oder nachträgliche Urkunde). Daran fehlt es bei Entwürfen. Der Aussteller muss nicht zielgerichtet handeln. Es reicht aus, dass er die Erklärung in den Rechtsverkehr einführt in dem Bewusstsein, dass ein anderer sie zu Beweiszwecken benutzen kann. Der von K gefertigte erste Entwurf ist nicht zum Beweis bestimmt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Daniel (blabab45)

Daniel (blabab45)

3.11.2023, 08:35:17

Der Entwurf ist zwar ein klassisches Problem der Beweisfunktion, aber ist ein Entwurf eines Gemäldes wirklich ein gutes Beispiel? Auch wenn mein Kunstlehrer wohl widersprechen würde, fehlt es hier doch schon an einer menschlichen Gedankenerklärung, sodass das Problem bei einem Entwurf eines Schriftsatzes viel dringender ist. Außer der Entwurf ist bereits unterzeichnet, wobei dann doch eigentlich eher das Künstlerkürzel die Gedankenerklärung darstellt, die wiederum zum Beweis schon geeignet sein könnte, oder nicht?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.11.2023, 09:27:56

Lieber Daniel, vielen Dank für Deinen guten Hinweis. In der Tat ist ein unsigniertes Gemäldes für sich genommen bereits deshalb keine Urkunde, weil es weder seinen Aussteller erkennen lässt, noch irgendeine rechtlich erhebliche Tatsache beweist. Dies gilt selbst dann, wenn der Künstler einen bestimmten unverwechselbaren Stil hat. Erst mit der Signatur erlangt das Gemälde Urkundsqualität. Die Signatur gehört nach herrschender Meinung zu den sog.

Beweiszeichen

, denen im Unterschied zu bloßen Kennzeichen die Qualität einer Urkunde i. S. des §

267 StGB

zukommt. Schon das RG hat hierzu folgendes ausgeführt: Die Signatur könne “einzig und allein bezwecken, ein sichtbares Zeichen dafür zu geben, daß das Gemälde von seiner, des Künstlers Hand herrühre, daß er es für vollendet und verkehrsreif gelten lassen wolle, und daß er es als seine Schöpfung gegenüber der Öffentlichkeit anerkennen und vertreten werde." (RGSt 34, 53 (54)). Wir haben im Sachverhalt hier insofern präzisiert, dass der Entwurf testweise signiert wurde, um klarzustellen, dass es dem Künstler gerade nicht darum ging, als Hersteller der Skizze erkennbar zu sein, sondern nur darum, zu probieren, wie die Unterschrift dort wirkt. Zwar ist die Unterschrift GEEIGNET die Urheberschaft des Künstlers für den Entwurf zu beweisen, es fehlt hier dann zunächst aber an der subjektiven BEWEISBESTIMMUNG (zur Beweisbestimmung auch: BeckOK StGB/Weidemann, 58. Ed. 1.8.2023, StGB § 267 Rn. 12). Ich hoffe, so wird es nun deutlicher :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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