Beweisbestimmung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Künstlerin K fertigt einen ersten Entwurf für ein neues Kunstwerk an, das er testweise signiert.
Diesen Fall lösen 79,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Beweisbestimmung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ein offensichtlicher Entwurf ist auch zum Beweis bestimmt.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Daniel (blabab45)
3.11.2023, 08:35:17
Der Entwurf ist zwar ein klassisches Problem der Beweisfunktion, aber ist ein Entwurf eines Gemäldes wirklich ein gutes Beispiel? Auch wenn mein Kunstlehrer wohl widersprechen würde, fehlt es hier doch schon an einer menschlichen Gedankenerklärung, sodass das Problem bei einem Entwurf eines Schriftsatzes viel dringender ist. Außer der Entwurf ist bereits unterzeichnet, wobei dann doch eigentlich eher das Künstlerkürzel die Gedankenerklärung darstellt, die wiederum zum Beweis schon geeignet sein könnte, oder nicht?
Lukas_Mengestu
3.11.2023, 09:27:56
Lieber Daniel, vielen Dank für Deinen guten Hinweis. In der Tat ist ein unsigniertes Gemäldes für sich genommen bereits deshalb keine Urkunde, weil es weder seinen Aussteller erkennen lässt, noch irgendeine rechtlich erhebliche Tatsache beweist. Dies gilt selbst dann, wenn der Künstler einen bestimmten unverwechselbaren Stil hat. Erst mit der Signatur erlangt das Gemälde Urkundsqualität. Die Signatur gehört nach herrschender Meinung zu den sog.
Beweiszeichen, denen im Unterschied zu bloßen Kennzeichen die Qualität einer Urkunde i. S. des § 267 StGB zukommt. Schon das RG hat hierzu folgendes ausgeführt: Die Signatur könne “einzig und allein bezwecken, ein sichtbares Zeichen dafür zu geben, daß das Gemälde von seiner, des Künstlers Hand herrühre, daß er es für vollendet und verkehrsreif gelten lassen wolle, und daß er es als seine Schöpfung gegenüber der Öffentlichkeit anerkennen und vertreten werde." (RGSt 34, 53 (54)). Wir haben im Sachverhalt hier insofern präzisiert, dass der Entwurf testweise signiert wurde, um klarzustellen, dass es dem Künstler gerade nicht darum ging, als Hersteller der Skizze erkennbar zu sein, sondern nur darum, zu probieren, wie die Unterschrift dort wirkt. Zwar ist die Unterschrift GEEIGNET die Urheberschaft des Künstlers für den Entwurf zu beweisen, es fehlt hier dann zunächst aber an der subjektiven BEWEISBESTIMMUNG (zur Beweisbestimmung auch: BeckOK StGB/Weidemann, 58. Ed. 1.8.2023, StGB § 267 Rn. 12). Ich hoffe, so wird es nun deutlicher :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team