Öffentliches Recht
Verwaltungsrecht AT
Wirksamkeit von Verwaltungsakten
Bekanntgabe eines elektronischen VA
Bekanntgabe eines elektronischen VA
11. Juli 2025
7 Kommentare
4,8 ★ (14.768 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Programmiererin W beantragt beim Bund eine Startup-Förderung. Das Antragsverfahren hat die Behörde elektronisch ausgestaltet, W hat dafür ihre Emailadresse angegeben. Die Behörde schickt W einen positiven Förderbescheid mit qualifizierter elektronischer Signatur per E-Mail.
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Einordnung des Falls
Bekanntgabe eines elektronischen VA
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Förderbescheid ist ein Verwaltungsakt. Er bedarf für seine Wirksamkeit der Bekanntgabe. Die Bekanntgabe als solche ist zu unterscheiden von der Ordnungsgemäßheit der Bekanntgabe.
Ja!
2. Der Förderbescheid wurde der W durch Übersendung per Email ordnungsgemäß bekanntgegeben.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Johannes Nebe
20.5.2022, 08:38:21
Aufgabe und Erklärung passen hier nicht gut zusammen. Die Erklärung würde nur Sinn ergeben, wenn für die Bekanntmachung des Verwaltungsaktes im ersten Schritt die Schriftform erforderlich gewesen wäre.

Lukas_Mengestu
2.6.2022, 18:39:41
Lieben Dank für Deinen Hinweis, Johannes. Wir haben hier noch einmal präzisiert, dass es für den elektronischen VA nur dann der besonderen Form des § 3a Abs. 2 VwVfG bedarf, wenn er die Schriftform ersetzen soll. Im vorliegenden Fall wäre dies also nicht zwingend gewesen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
ehemalige:r Nutzer:in
22.3.2024, 23:46:24
In welchem Verhältnis steht der Grundsatz der Formfreiheit von Verwaltungsakten und damit auch das Bejahen der ordnungsgemäßen Bekanntgabe mit § 41 IIa VwVfG? Hieraus könnte sich ja durchaus der Umkehrschluss ergeben, dass elektronische Verwaltungsakte nur unter den dort genannten Voraussetzungen bekanntgegeben werden dürfen. Diese Anforderungen wurden hier nicht gewahrt.

Tim Gottschalk
10.2.2025, 19:06:10
Hallo @[Paul21](216751), du hast zunächst Recht, man könnte aus § 41 Abs. 2a VwVfG im Umkehrschluss schließen, dass dieser generell Voraussetzungen für die
Bekanntgabe elektronischer Verwaltungsakte aufstellt. Dagegen sprechen allerdings die folgenden Argumente: 1. sagt der Wortlaut nur, dass ein
elektronischer Verwaltungsaktso bekannt gegeben werden "kann". Es lässt sich dem Wortlaut in keiner Weise entnehmen, dass das die einzige Möglichkeit wäre. 2. sieht § 3a VwVfG explizit Möglichkeiten vor, wie elektronische Verwaltungsakte übermittelt werden können und sogar die Schriftform erfüllen können, die von § 41 Abs. 2a VwVfG abweichen. Diese Regelung würde jedoch keinen Sinn ergeben, wenn § 41 Abs. 2a VwVfG zwingende Voraussetzungen für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten aufstellen würde. 3. würde eine abschließende Regelung bedeuten, dass die Behörde einen elektronischen Verwaltungsakt gar nicht bekannt geben könnte, wenn der Beteiligte seine Einwilligung nicht erteilt. Das wäre komisch, da der Beteiligte bei elektronischen Verwaltungsakten nicht schutzwürdiger ist, als beispielsweise bei mündlichen Verwaltungsakten. § 41 Abs. 2a VwVfG ist daher so zu verstehen, dass dadurch nur eine zusätzliche Möglichkeit eröffnet wird, wie man elektronische Verwaltungsakte bekannt geben kann. Diese Regelung braucht es deshalb, weil die Bekanntgabe normalerweise eine Übermittlung voraussetzt und der Gesetzgeber hier explizit Voraussetzungen aufstellen wollte, um bestimmte Probleme (u.a. datenschutzrechtliche) zu verhindern. Die "klassische" Übermittlung von elektronischen Verwaltungsakten bleibt jedoch daneben möglich und fällt ganz normal unter § 41 Abs.
1 VwVfG. Liebe Grüße, Tim - für das Jurafuchs-Team

Skra8
16.6.2025, 18:26:34
Sehr hilfreiche Einordnung, könnte man dieses Thema bitte als Vertiefungshinweis aufnehmen?

Tim Gottschalk
17.6.2025, 18:44:28
Hallo @[Skra8](184520), danke für den Lob. Wir haben einen Hinweis darauf nun in den Fall aufgenommen. Allerdings ist mir dabei ein noch schlagenderes Argument im Wortlaut aufgefallen, welches wir zur Erklärung als einziges anführen. Alle Argumente würden den Fall meines Erachtens überfrachten. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team
Johanna
30.6.2025, 10:04:32
Wie wäre es denn, wenn die elektronische Signatur fehlt? Die Behörde versendet den Bescheid also an die Mailadresse, die beim Antrag angegeben wäre, vergisst aber die elektronische Signatur? Der VA wurde ja trotzdem von der zuständigen Behörde mit Mitteilungswillen etc. an die richtige Person übermittelt. Scheitert es dann an der ordnungsgemäßen Bekanntgabe oder kann dieser "Formfehler" geheilt werden? Vielleicht habe ich etwas überlesen, aber wo genau findet sich eine Regelung bzgl. der Authentifizierung der Behörde selbst? In § 41 Absatz 2a VwVfG geht es ja nur um die Authentifizierung des Empfängers, oder?