Bekanntgabe eines elektronischen VA

8. April 2025

4 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Programmiererin W beantragt beim Bund eine Startup-Förderung. Das Antragsverfahren hat die Behörde elektronisch ausgestaltet, W hat dafür ihre Emailadresse angegeben. Die Behörde schickt W einen positiven Förderbescheid mit qualifizierter elektronischer Signatur per E-Mail.

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Einordnung des Falls

Bekanntgabe eines elektronischen VA

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Förderbescheid ist ein Verwaltungsakt. Er bedarf für seine Wirksamkeit der Bekanntgabe. Die Bekanntgabe als solche ist zu unterscheiden von der Ordnungsgemäßheit der Bekanntgabe.

Ja!

Die Bekanntgabe als solche bzw. Bekanntgabe im Rechtssinne ist Wirksamkeitsvoraussetzung des Verwaltungsakts (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Fehlt sie, liegt kein Verwaltungsakt vor. Davon zu unterscheiden ist die Ordnungsgemäßheit bzw. Form der Bekanntgabe. Sie richtet sich nach § 41 VwVfG und Spezialvorschriften. War die Bekanntgabe nicht ordnungsgemäß, hat dies nach h.M. grundsätzlich nicht die Unwirksamkeit zur Folge. Fehler bei der Form der Bekanntgabe können geheilt werden oder unbeachtlich sein. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe ist maßgeblich für die Berechnung der Widerspruchs-/Klagefrist (§§ 70 Abs. 1, 74 Abs. 1 S. 2 VwGO).
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2. Der Förderbescheid wurde der W durch Übersendung per Email ordnungsgemäß bekanntgegeben.

Genau, so ist das!

Nach § 41 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ein Verwaltungsakt, für den - wie hier - keine besonderen Formvorschriften bestehen, kann auch elektronisch bekannt gegeben werden, also per Email-Dateianhang. Voraussetzung ist, dass der Empfänger dafür einen Zugang eröffnet hat (§ 3a Abs. 1 VwVfG).W hat ihre E-Mail Adresse für die Übermittlung zur Verfügung gestellt. Der Förderbescheid wurde ordnungsgemäß bekanntgegeben.Nur wenn die elektronische Form die Schriftform ersetzen soll, bedarf es zusätzlich einer abgesicherten Form nach § 3a Abs. 2 VwVfG, insbesondere einer qualifizierten elektronischen Signatur. Diese soll die Authentizität des Dokuments sicherstellen (§ 3a Abs. 2 S. 2 VwVfG).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Johannes Nebe

Johannes Nebe

20.5.2022, 08:38:21

Aufgabe und Erklärung passen hier nicht gut zusammen. Die Erklärung würde nur Sinn ergeben, wenn für die Bekanntmachung des Verwaltungsaktes im ersten Schritt die Schriftform erforderlich gewesen wäre.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

2.6.2022, 18:39:41

Lieben Dank für Deinen Hinweis, Johannes. Wir haben hier noch einmal präzisiert, dass es für den elektronischen VA nur dann der besonderen Form des § 3a Abs. 2 VwVfG bedarf, wenn er die Schriftform ersetzen soll. Im vorliegenden Fall wäre dies also nicht zwingend gewesen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

PAUL21

Paul21

22.3.2024, 23:46:24

In welchem Verhältnis steht der Grundsatz der

Formfreiheit

von Verwaltungsakten und damit auch das Bejahen der ordnungsgemäßen Bekanntgabe mit § 41 IIa VwVfG? Hieraus könnte sich ja durchaus der Umkehrschluss ergeben, dass elektronische Verwaltungsakte nur unter den dort genannten Voraussetzungen bekanntgegeben werden dürfen. Diese Anforderungen wurden hier nicht gewahrt.

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

10.2.2025, 19:06:10

Hallo @[Paul21](216751), du hast zunächst Recht, man könnte aus § 41 Abs. 2a VwVfG im Umkehrschluss schließen, dass dieser generell Voraussetzungen für die

Bekanntgabe elektronischer Verwaltungsakt

e aufstellt. Dagegen sprechen allerdings die folgenden Argumente: 1. sagt der Wortlaut nur, dass ein

elektronischer Verwaltungsakt

so bekannt gegeben werden "kann". Es lässt sich dem Wortlaut in keiner Weise entnehmen, dass das die einzige Möglichkeit wäre. 2. sieht § 3a VwVfG explizit Möglichkeiten vor, wie elektronische Verwaltungsakte übermittelt werden können und sogar die Schriftform erfüllen können, die von § 41 Abs. 2a VwVfG abweichen. Diese Regelung würde jedoch keinen Sinn ergeben, wenn § 41 Abs. 2a VwVfG zwingende Voraussetzungen für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten aufstellen würde. 3. würde eine abschließende Regelung bedeuten, dass die

Behörde

einen elektronischen Verwaltungsakt gar nicht bekannt geben könnte, wenn der Beteiligte seine Einwilligung nicht erteilt. Das wäre komisch, da der Beteiligte bei elektronischen Verwaltungsakten nicht schutzwürdiger ist, als beispielsweise bei mündlichen Verwaltungsakten. § 41 Abs. 2a VwVfG ist daher so zu verstehen, dass dadurch nur eine zusätzliche Möglichkeit eröffnet wird, wie man elektronische Verwaltungsakte bekannt geben kann. Diese Regelung braucht es deshalb, weil die Bekanntgabe normalerweise eine Übermittlung voraussetzt und der Gesetzgeber hier explizit Voraussetzungen aufstellen wollte, um bestimmte Probleme (u.a. datenschutzrechtliche) zu verhindern. Die "klassische" Übermittlung von elektronischen Verwaltungsakten bleibt jedoch daneben möglich und fällt ganz normal unter § 41 Abs. 1 VwVfG. Liebe Grüße, Tim - für das Jurafuchs-Team


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